Das imaginäre Museum: MMK 2, Frankfurt
Nur in deinem Kopf: „Das imaginäre Museum“ in Frankfurt.
Eine gruselige Zukunftsvision entwarf Ray Bradbury 1953 in seinem Roman „Fahrenheit 451“: Literatur und Kunst sind die Basis für Aufruhr und Individualität und werden entsprechend von der Regierung verboten, eine Taskforce unter dem Namen „Feuerwehr“ spürt Bücher in Privatbesitz auf und verbrennt diese, während Widerständler das kulturelle Erbe bewahren, indem sie sich an die Inhalte der zerstörten Literatur erinnern. Science Fiction, klar. Aber sind wir in Zeiten der klammen Kassen nicht an einer vergleichbaren Position, wenn Kunst von Politikern öffentlich geringgeschätzt wird und die Kulturetats auch in Städten wie dem noch verhältnismäßig wohlhabenden Frankfurt gekürzt werden?
Wie würde man sich an die Aufgabe denn machen: Sich an die wichtigsten Werke der zeitgenössischen Kunst zu erinnern? Und wie sollte man Kunst in die Imagination verlagern, wenn die Werke irgendwann in naher Zukunft zerstört werden? Indem man sie sich anschaut, solange sie noch da ist.
Das Museum für Moderne Kunst hat gemeinsam mit der Londoner Tate und dem Pariser Centre Pompidou die Ausstellung „Das imaginäre Museum“ konzipiert, die 80 Hauptwerke aus den jeweiligen Sammlungen zu einem transnationalen Museum auf Zeit vereint. Bis 4. September sind in der MMK-Depandance im taunusturm künstlerische Positionen von den 1920er-Jahren bis in die Gegenwart zu sehen, unter anderem von Louise Bourgeois, Martin Kippenberger, Isa Genzken und Andy Warhol.
Was klingt wie eine mäßig originelle „Das Beste vom Besten“-Ausstellung, bekommt durch die Verlegung in den Science-Fiction-Kontext einen spannenden Dreh: Ist die Kunst tatsächlich etwas, das man in seiner Erinnerung mit nach Hause nehmen kann? Im Herbst, zum Abschluss der Ausstellung, öffnet das MMK 2 für ein letztes Wochenende seine Tore, allerdings wird dann kaum noch Kunst zu sehen sein. An den Orten, an denen bis jetzt die Exponate ausgestellt waren, stehen jetzt Menschen und erzählen, was sie gesehen haben: „Die Besucher sind nun Botschafter geworden, und es entsteht ein lebendiges Museum.“