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„Das Licht“: Tom Tykwer zurück im Kino

„Das Licht“, Tom Tykwers erster Kinofilm nach acht Jahren, kommt jetzt in die Kinos. In den Hauptrollen: Lars Eidinger und Nicolette Krebitz.
„Das Licht“, Tom Tykwers erster Kinofilm nach acht Jahren, kommt jetzt in die Kinos. In den Hauptrollen: Lars Eidinger und Nicolette Krebitz. (Frederic Batier 7 X-Verleih AG)

Er war Eröffnungsfilm bei der Berlinale, jetzt startet Tom Tykwers Film „Das Licht“ mit Lars Eidinger und Nicolette Krebitz in den Hauptrollen in den Kinos.

Tom Tykwer ist zuück im Kino! Und das mit Starbesetzung. Erneut besticht der Regisseur, der aktuell die fünfte Staffel der Serie „Babylon Berlin“ dreht, in „Das Licht“ mit einer ausgefeilten, rätselhaften Bildsprache.

Zunächst ist es ein unmerkliches Flackern. Langsam fliegt die Kamera auf einen Wohnblock zu und hinein in eine der Wohnungen. Hier sitzt eine Frau vor einer kleinen runden Lampe, die mit hoher Strahlkraft und wechselndem Rhythmus blinkt, als handle es sich um das Notrufzeichen eines Leuchtturms. Was es mit diesem Licht auf sich hat, wird sich erst im Laufe der folgenden zweieinhalb Kinostunden klären. Und auch, was die verschiedenen Personen verbindet, die in den ersten Filmminuten schlaglichtartig eingeführt werden, deren Wege sich schicksalhaft kreuzen und die in unterschiedlichster Weise mit dem Tod konfrontiert sind. So bricht die Haushälterin der gutsituierten, aber dysfunktionalen Familie Engels mit einem Herzinfarkt zusammen. Die neue Haushaltskraft Farrah (Tala Al-Deen, „A Thin Line“), eine überqualifizierte syrische Wissenschaftlerin und Geflüchtete, wird versuchen, die in Auflösung und Disruption begriffene Familie wieder zusammenzuführen – auch mittels des schon erwähnten flackernden Lichts.

Acht Jahre hat Tom Tykwer sich einzig der Serie „Babylon Berlin“ gewidmet, „Das Licht“ ist nun sein Kino-Comeback als Autorenfilmer. Bereits bei seinem Debüt „Die tödliche Maria“ hatte er mit einer ausgefeilten Bildsprache auf sich aufmerksam gemacht, und auch jetzt pflegt er seinen durch ungewöhnliche Kamerafahrten und -perspektiven gekennzeichneten Stil.
Weniger eindeutig aber ist, was Tykwer mit dieser breit angelegten Familienaufstellung im Kern erzählen möchte. Es herrscht eine bisweilen unheilvolle Stimmung. Zum Ende, soviel darf man verraten, entpuppt sich der Dauerregen als Hinleitung zu einer beklemmenden Erlösungsfantasie. Ohnehin schiebt Tykwer immer wieder Rätselbilder ein und schenkt den Hauptfiguren sogar ausgedehnte musicalhafte Tanzszenen.

„Das Licht“: Rätselbilder und musicalhafte Tanzszenen

Zu Beginn aber glaubt man sich in einer tragikomischen Satire über eine Familie, die sämtlich denkbare Klischees des woken Bildungsbürgertums vereint. Vater Tim (Lars Eidinger, „Sterben“, „Weißes Rauschen“) entwickelt für eine diffus bleibende Firma PR-Kampagnen für eine bessere Welt. Seine Frau, die Entwicklungshelferin Milena (Nicolette Krebitz, „Wild“, „Die Ermittlung“), betreut als Freelancerin ein Theaterprojekt in Nairobi. Derweil leben die Teenagerzwillinge Frieda (Elke Biesendorfer) und Jon (Julius Gause, „Oderbruch“) ihr eigenes Leben. Er hat sich aus der wahren Welt heraus und in seinem dunklen Zimmer in VR-Videogames zurückgezogen; sie tanzt mit ihrer Clique drogengeschwängert durch die Nächte, wenn sie nicht mit Letzte-Generation-mäßigen Aktionen ein wenig TV-Fame zu erhaschen versucht. Frieda ist es denn auch, die ihren Eltern ordentlich die Leviten liest. „Warum läufst du eigentlich noch herum wie ein linker Intellektueller, obwohl du für Firmen arbeitest, die den Planeten kaputtmachen?“, faucht sie ihren Vater an. Doch anders als zuletzt Simon Verhoeven mit „Alter weißer Mann“ schwebte Tykwer dezidiert keine Komödie zu den aktuellen ideologischen Kampfbegriffen vor (er nimmt selbst das paternalistische Vorgehen von Entwicklungshelfer:innen in die Zange). Milenas feministisches Credo der beruflichen Selbständigkeit wird als Egoismus enttarnt, Tims Weltverbesserungsphilosophie als hohle Phrasen. Macht es sich Drehbuchautor Tykwer hier womöglich etwas zu leicht, indem er die Familie- und Gesellschaftsanalyse durch Farrahs mystifiziertes Fluchttrauma kaschiert? Die Antwort darauf durch das Publikums wird gewiss so spannend sein, wie sie unterschiedlich ausfallen kann.

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