Dasha: Klicks wie Heu

Vor zwei Jahren war Dasha kurz davor, alles hinzuschmeißen – bis ein einziger Song sie zum viralen Country-Superstar gemacht hat.
Dasha, du stehst in diesem Jahr zum ersten Mal auf deutschen Bühnen. Bemerkst du Unterschiede zwischen dem US-amerikanischen und dem deutschen Publikum?
Anna Dasha Novotny: Total. Erst mal hatte ich in den USA nie eine so lange Schlange an Leuten vor dem Klub wie etwa in Hamburg. Die geht ja um den ganzen Block, das ist verrückt! Ansonsten sind in Europa mehr ältere Leute dabei als in den USA, was sehr cool ist.
Das hängt wohl damit zusammen, dass Country auf beiden Seiten des Atlantiks unterschiedlich wahrgenommen wird, oder?
Novotny: Bestimmt. In den USA gibt es Country schon so ewig, dass die Leute ihm gegenüber fast taub waren. Ich weiß noch, dass es cool war, Country zu hassen, als ich auf der Highschool war. Aber vor ein, zwei Jahren gab es dieses riesige Revival, und da sind auch unglaublich viele Menschen außerhalb der USA darauf angesprungen.
Hast du eine Erklärung dafür?
Novotny: Ich glaube, das liegt daran, dass das Genre so lange auf Bro-Country festgelegt war – Trucks, Bier, eigentlich immer derselbe Song. Versteh mich nicht falsch: Ich bin damit aufgewachsen, ich liebe das. Aber jetzt gibt es ein viel größeres Spektrum an Sounds und Geschichten, die erzählt werden. Meine Musik hat Banjos und Fiedeln und klassisches Storytelling, aber auch poppige Hooks. Wenn du den Refrain von „Austin“ zum ersten Mal hörst, kannst du ihn schon mitsingen.
„Austin“ ist deine Single, die letztes Jahr urplötzlich zum Megahit auf TikTok geworden ist. Hast du das vorausgesehen?
Novotny: Überhaupt nicht! Als ich den Song im Mai 2023 geschrieben habe, hatte ich gerade erst mein gesamtes Team gefeuert. Ich war in einer Krise, meine eigene Musik hat sich unecht angefühlt, ich musste wieder ganz von vorne anfangen. „Austin“ war einer der ersten Songs, bei dem es Klick gemacht hat: Er ist direkt aus meinem Unterbewusstsein gekommen. Ich habe nicht versucht, einen Hit zu schreiben, sondern, mit einer Trennung klarzukommen. Aber als ich aus dem Studio gekommen bin, habe ich gedacht: Das ist der eingängigste Song, den ich je geschrieben habe – vielleicht kann was daraus werden.
Ist es dann ja auch.
Novotny: Es war fast komisch, wie sich alles gefügt hat. Mein Manager, das Label, mein Team, schließlich mein Album „What happens now?“ … Die nächsten sechs Monate waren ein einziger Wirbelwind. Den Line-Dance aus dem Musikvideo habe ich mir eigentlich ausgedacht, damit der Song in Honkytonks im Süden gespielt wird und vielleicht mal im Radio läuft. Auf TikTok habe ich das Video nur gepostet, damit Fans die Choreographie lernen können. Und dann … tja. (lacht)
Wenn ein Song komplett zum Ausreißer wird, ist es dann schwierig, sich nicht allzu sehr davon beeinflussen zu lassen und weiter Neues zu probieren?
Novotny: Kunst ist ja nur die verstärkte Version davon, wer du als Mensch bist – zumindest will ich, dass das für meine Kunst gilt. Ich hatte echt Glück, dass „Austin“ einerseits echt war und andererseits so gut funktioniert hat. Mein Wunsch ist, bestimmte Aspekte noch zu intensivieren, ohne den wahren Kern zu verlieren. Es ist wie ein Baum mit vielen Ästen, aber der Stamm bleibt stabil.