Deichtorhallen Hamburg: Tom Sachs düst wieder ins All
Jeff Bezos, Richard Branson und Elon Musk sind die Welttraumhelden der Gegenwart? Falsch! Es ist der Künstler Tom Sachs mit seinem „Space Program“. Die neueste Ausstellung „Rare Earths“ gibt es ab 18. September in den Deichtorhallen Hamburg.
In die Deichtorhallen Hamburg kommt ab 19. September ein Mann, der schon öfter im All war als Jeff Bezos, Richard Branson und Elon Musk zusammen: Tom Sachs bringt eine vierte Ausstellung aus seinem „Space Program“ mit; der US-amerikanische Künstler führt mit „Rare Earths“ seine seit 13 Jahren andauernde Auseinandersetzung mit der menschlichen Erforschung des Weltraums fort.
Deichtorhallen-Ausstellung: Bis zur Unendlichkeit und noch viele weiter
Nachdem Sachs schon auf dem Mond („Gagosian Gallery“, 2007), auf dem Mars („Park Avenue Armory“, 2012) und auf dem Jupitermond Europa war (2016), verwandelt er nun die Halle für aktuelle Kunst in eine 3 000 Quadratmeter große Ausstellungsfläche. Hier können die Besucherinnen und Besucher durch eine interaktive Space-Landschaft wandern. Sachs und sein zehnköpfiges Team fliegen diesmal auf den erdnächsten Asteroiden Vesta, um dort seltene Erde abzubauen für den unersättlichen Hunger des Menschen nach den Rohstoffen und Edelmetallen, mit denen unsere Technologie-Erregunschaften und unsere Schmuck hergestellt und vor allem unsere Handys betrieben werden können. Die Bricolage-Arbeiten – die Konstruktion von Kunstwerken aus zufällig zur Verfügung stehenden Materialien oder aus gemischte Medien – der Ausstellung sind entweder schon bestehende Werke von Sachs oder neu geschaffen.
Seht euch den Trailer zu „Space Program“ an:
Deichtorhallen Hamburg: Und die Besucher:innern? Handy weg, Indoktrination!
Kongenial greift der 1966 geborene Künstler aus New York mit seinem DIY-Ansatz seine Kritik an unserem maßlosen Verbrauch und Konsum und der ständigen Verfügbarkeit von allem zum Ge- und Verbrauch auf. Die Besucherinnen und Besucher sind dabei nicht auf die Rolle der passiven Betrachterinnen und des Betrachters festgelegt; sie können auch mitmachen. Wie es die Deichtorhallen, die seit April ihren eigenen Kunstpodcast haben, pointiert beschreiben: „Während der Ausstellungszeit können sich die Besucher:innen einem „Indoktrinationsprozess“ unterziehen, innerhalb dessen ihnen spezifische Aufgaben und Fragen gestellt werden. Nach erfolgreicher Absolvierung der „Indoktrination“ werden Besucher:innen Teil des Tom-Sachs-Teams, erhalten eine ID und die Berechtigung, an der Installation teilzuhaben. Sie lernen ikonische Elemente vergangener Missionen kennen, darunter das „Landing Excursion Module (LEM)“ und „Mission Control Center“. „Indoktrinierte“ Besucher:innen werden dazu ermutigt, sich auch dem Ritual der Transsubstantiation (lat. für Wesensverwandlung) hinzugeben: Indem sich Besucher:innen von ihren Mobiltelefonen trennen, liefern sie einen wichtigen Beitrag zu Sachs’ Feldforschung zur mentalen Vernetzung der Menschheit und ihrer Sucht nach Technologie.“
Handy abgeben? Das ist für Manche von uns wohl schon eine größere Herausforderung als ein Flug ins All. Zumindest führt es den einen oder anderen vielleicht für einen kurzen Moment an seine eigene frontier – und das ist ja nicht einmal das Schlechteste für einen Kunstbesuch, oder?
Am 18. September wird „Space Program: Rare Earths“ in der Halle für aktuelle Kunst der Deichtorhallen Hamburg mit einer zwölfstündigen Marathon-Activation mit Tom Sachs und seinem Studioteam eröffnet und läuft dann vom 19. September bis 10. April 2022.