Der einzig wahre Champion: „Mr Joe Jackson presents: Max Champion in ,What a Racket!‘“
Für sein neues Album hat Joe Jackson die alten Music-Hall-Hits eines lang vergessenen Künstlers ausgegraben. Ist doch so, oder?
Namen sind alles andere als Schall und Rauch – sie haben Macht und können das Schicksal eines Menschen bestimmen. So wie in der klassischen Simpsons-Episode „Namen machen Leute“, in der Homer seinen Namen zu Max Power ändert und allein dadurch eine Beförderung erhält. Ein fast so guter Name wie Max Power ist Max Champion – umso erstaunlicher, dass man den noch nie gehört hat. Dabei war Champion ein durchaus nicht unbekannter Music-Hall-Performer, der vor hundert Jahren über die Londoner Bühnen stolziert ist. Erst sein Landsmann Joe Jackson hat die vergessenen Songs Max Champions nun wieder ausgegraben und ein Album mit elf seiner Klassiker aufgenommen.
Joe Jackson huldigt dem Music Hall
Die Geschichte: Max Champion soll 1882 im Londoner East End geboren sein, womöglich als Verwandter des berühmten Unterhaltungskünstlers Harry Champion (obwohl der gebürtig anders hieß). An den Erfolg Harrys konnte Max zwar nicht anknüpfen, sich aber trotzdem ein treues Publikum ersingen. Mit Songs wie „What a Racket“, „Shades of Night“ und „The Sporting Life“ nahm er das Leben in der englischen Hauptstadt aufs Korn, drückte mit „Dear old Mum“ auf die Tränendrüse oder machte sich mit „The Bishop and the Actress“ über die Prüderie der Brit:innen lustig. Im Ersten Weltkrieg ist er dann in Europa verschwunden, vielleicht in den Schützengräben Belgiens.
Ist Joe Jackson Max Champion?
Klingt plausibel? Wer auf einige Ungereimtheiten gestoßen ist, kann sich bestätigt fühlen: Spätestens ein Blick auf das Foto von Max Champion gibt Aufschluss, denn der lang verblichene Künstler kommt dann doch sehr bekannt vor. Es ist niemand anders als Joe Jackson selbst, der hier seiner Liebe zum Music Hall frönt. Dazu hat er sich nicht nur ein Alter Ego ausgedacht, sondern auch einen Bart angeklebt und einen falschen Cockney-Akzent eingeübt. Für Fans dürfte das eigentlich keine große Überraschung sein, immerhin hat sich Jackson, der eigentlich auch nicht Joe heißt, schon mehrmals neu erfunden: Nach dem ersten großen Hit „Is she really going out with him?“ aus dem Jahr 1979 ist er vom New Wave zum Jazzpop gewechselt, hat Reggae und Klassik gemacht und schon 1981 alte Swing-Standards gecovert.
Jetzt ist es eben die britische Music-Hall-Kultur, die Anfang des 20. Jahrhunderts die Weichen für vieles gestellt hat, was danach kommen sollte: Hier konnte die einfache Bevölkerung über die höheren Klassen lachen, mit Dragkings wie Vesta Tilley die Grenzen der Geschlechterrollen überwinden und sogar den Krieg in Frage stellen. Aspekte, die dem unangepassten Jackson mit Sicherheit zusagen. Und so hat er in seiner Rolle des Max Champion hörbar so viel Spaß wie John Swartzelder beim Schreiben einer Simpsons-Folge. Die Champion-Songs geben ihm zudem Gelegenheit, mal über Dinge zu singen, die heute nicht gerade oft behandelt werden, aber dennoch relevant sind: zum Beispiel die Liebe zum Ausschlafen („Never so nice in the Morning“) oder den Hass auf Sport („The Sporting Life“). „Diese Songs waren in ihrer Zeit wundervoll“, sagt Joe Jackson, „aber sie sind auch überraschend modern.“ Sag bloß.