„Der geheimnisvolle Blick des Flamingos“ im Kino: Wehrhafte Dragqueens
Das experimentelle und melancholische Langfilmdebüt „Der geheimnisvolle Blick des Flamingos“ des Chilenen Diego Céspedes zitiert Pedro Almodóvar – und Sergio Leone
Eine Wüstenbergbaustadt im Norden Chiles: Hier wächst die elfjährige Lidia (Tamara Cortés) Anfang der 80er in der Transgender-Kommune der starken Matriarchin Mama Boa (Paula Dinamarca) auf. Als sich eine unbekannte, tödliche Seuche ausbreitet, ist Lidias Zuhause in Gefahr: Unter den Bergarbeitern geht das Gerücht um, die Krankheit werde übertragen, wenn sich zwei Männer verliebt in die Augen schauen. Sie stürmen Mama Boas Haus – nur wissen sich die Dragqueens durchaus zu wehren …
Nachdem Diego Céspedes Langfilmdebüt bereits in Cannes den Hauptpreis in der Sektion „Un certain regard“ gewinnen konnte, ist er nun auch völlig zu Recht als Chiles Einreichung bei den Oscars ausgewählt worden: Wenn Céspedes hier im quadratischen 4:3-Bildformat und mit Verweisen auf Pedro Almodóvar, Wong Kar-Wai, Sergio Leone und das Musical „Priscilla – Königin der Wüste“ seine Kindheitserinnerungen an den Ausbruch des HIV-Virus und die Stigmatisierung queerer Menschen verarbeitet, strotzt sein experimentelles und melancholisches Coming-of-Age-Drama nur so vor aktuellen Bezügen. „Der geheimnisvolle Blick des Flamingos“ ist eine Warnung vor gesellschaftlicher Spaltung und ein Plädoyer für die Liebe in all ihren Ausprägungen.