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„Der Kaiser“ auf Sky und Wow: Schlitzohr Franz Beckenbauer

Der Kaiser, Sky Cinema, Wow
Der Film „Der Kaiser“ kann ab heute Abend auf Sky Cinema geschaut und auf Wow gestreamt werden. (Foto: © Eckhard Jansen/Bavaria Fiction/Sky Studios)

Pünktlich zum WM-Endspiel zeigt Sky seine Eigenproduktion: den Film „Der Kaiser“ über das Leben Franz Beckenbauers. Auf Sky Cinema und Wow.

Komisch, kurzweilig, schnell weggesehen und nicht unkritisch: Mit Der Kaiser bringt Sky ein Biopic der ganz besonderen Art. Der Grund ist schnell ausgemacht. Gegenstand des Films ist Franz Beckenbauer, und der darf schlicht alles. Das aber nimmt Regisseur Tim Trageser zum Anlass, Beckenbauer auch wirklich alles zu erlauben. Der von Klaus Steinbacher („Oktoberfest 1900“) schlitzohrig-charmant gespielte Held macht immer und überall, was er will, gegen den Willen der Trainer, gegen den Willen des Vereinsbosses und manchmal auch gegen den Willen seines Managers Robert Schwan, letzteres aber nur ganz selten. Und obwohl Der Kaiser als Film von nicht mal zwei Stunden Länge Beckenbauers Leben zwischen 1963 und 1990 – von der Oberliga Bayern bis zum Weltmeistertitel als Trainer – behandelt und dementsprechend nur kurz die einzelnen Stationen in dessen Leben anreißen kann, fehlt: nix.

Natürlich kommt auch die Stauerhinterziehung Beckenbauers aus den 70-Jahren nicht zu kurz, im Rahmen derer der der bayerische Finanzminister Josef Huber in direktem Kontakt nicht nur mit Beckenbauer, sondern auch mit Gerd Müller stand, als die Steuerfahndung die beiden hops nahm. Dass Franz Beckenbauer aber schlicht alles durfte, sieht man auch an dem dramaturgischen Kniff Tragesers, diesen jede, aber auch jede Wendung oder wichtiges Ereignis im Leben selbst kommentieren zu lassen. Sogar als im Endspiel 74 beim Elfmeter für Deutschland Paul Breitner den Ball an sich nahm und den Elfer reinhaute, hält die Handlung rund um Beckenbauer kurz an, Breitner wird kurz unscharf, und Der Kaiser darf zum x-ten Mal die vierte Wand durchbrechen: „Man kann über den Paul ja viel sagen, aber Eier hatte er in der Hose.“

1966 beim Endspiel gegen England wagt Beckenbauer noch nicht aufzubegehren, als er von Helmut Schön als Manndecker gegen den gefährlichern Bobby Charlton eingesetzt wird. 1970 spielt er gegen Italien mit gebrochener Schulter weiter und 1974 gibt Beckenbauer – nicht absichtlich – nach der Niederlage gegen die DDR seine höchsteigene Pressekonferenz, in der er Uli Hoeneß und weitere Spieler aus der Mannschaft wirft. Nur als Forderung, klar, aber diese werden vom Trainer alle umgesetzt. Vorher schon hatte Beckenbauer mit Abreise gedroht, sollte die Titelprämie nicht massiv erhöht werden. Das alles kann man aber auch, weggehend von der Person Beckenbauer, betrachten: Er war die Person, die im deutschen Fußball den Umgang von Spieler und Medien, den Umgang von Spielern mit der Öffentlichkeit und den Umgang von Spielern mit Vereinen und Verbänden grundlegend veränderte. Manche sprechen da von Revolution, aber das Wort kann man sich für anderes aufheben.

Weltklassespieler auf dem Platz durch Schauspieler ersetzen? In Der Kaiser funktioniert es! Schnelle Schnitte zwischen Archivmaterial und den Großaufnahmen mit Steinbacher als Beckenbauer stören absolut nicht, und Steinbachers spielerische Fähigkeiten reichen durchaus aus, um Beckenbauers damals legendäre Moves nachzuspielen – die Geschwindigkeit des Spiels war damals halt noch nicht so hoch, dass dies unmöglich wäre. Vielleicht ist Beckenbauer für kritische Geister etwas zu positiv geraten, zu schlitzohrig. Andererseits: Beckenbauer durfte in der deutschen Öffentlichkeit damals lange alles, immer wurde ihm verziehen. So gesehen kriegen wir jetzt einen Beckenbauer exakt in dem Licht präsentiert, in dem er früher wirklich gesehen wurde. Den Rest muss man dann schon selbst dazudenken.

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