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Deutscher Jazzpreis 2023 läutet die jazzahead! in Bremen ein

Auch in diesem Jahr wird der Deutsche Jazzpreis in Bremen verliehen.
Deutscher Jazzpreis 2023: Auch in diesem Jahr findet die Verleihung in Bremen statt. (Foto: Camille Blake)

Mit der Verleihung des Deutschen Jazzpreises 2023 beginnt die jazzahead! in Bremen. Wir haben mit Hannes Möller von der Initiative Musik über den Status Quo des Jazz gesprochen – die Gewinner:innen des Deutschen Jazzpreises findest du am Ende des Beitrags.

36 Showcase-Konzerte, 30 Klubs, ein Ticket: Das Programm der jazzahead! in Bremen ist überragend – und das Partnerland überraschend.

Schon das Märchen der Bremer Stadtmusikanten hat Zusammenhalt und Kooperation beschworen. Zwei Werte, um deren Aktualität auch die diesjährige jazzahead! weiß: Vom 27. bis zum 30. April wird das Gelände der Messe Bremen mit den gefeierten Showcase-Konzerten des größten Branchentreffs im Jazz bespielt. Da Deutschland dieses Jahr das Gastland gibt, sind die vier sogenannten Commissioned Works – die eigens fürs Festival gegründeten Bands unter der Leitung von Heinrich von Kalnein, Daniel Erdmann und Felix Schlarmann – als Kooperationen mit den Nachbarländern Österreich, Frankreich, den Niederlanden sowie den USA entstanden.

Doch nicht nur die transnationalen Projekte weisen über Grenzen hinaus: Die insgesamt 36 Showcase-Konzerte der jazzahead! bilden deutlicher denn je die Bandbreite des Jazz ab. Exemplarisch für diese Vielfalt steht die deutsche Band Conic Rose. Sie kombiniert tanzbaren Elektropop mit freigeistigem Jazz, und Uli Beckerhoff, der künstlerische Leiter der jazzahead!, schwärmt: „Je länger man hinhört, desto spannender wird es – sehr modern!“. Neben Conic Rose justieren etwa auch das Harold Lopez Nussa Quartet, das Andromeda Mega Express Orchestra und Tribubu die Grenzen des Jazz neu: zwischen kubanischer Folklore, verspieltem Orchesterjazz und Afrofolk.

jazzahead! in Bremen: Der Jazz zu Gast bei Freunden

Etwas reduzierter, doch nicht minder virtuos, ist die Klangwelt der in Havanna geborenen und in Spanien lebenden Cellistin, Sängerin und Komponistin Ana Carla Maza: Sie verwandelt Son, Samba, Bossa Nova, Tango und Jazz in traumhafte Chansons. Die Brasilianerin Xênia França verkörpert hingegen zeitgenössischen Pop. In ihrer Heimat gilt sie bereits als die wichtigste afro-brasilianische Newcomer:in – was ihre zwei Nominierungen bei den Latin-Grammys beweisen. Ein spezieller Gast ist der international renommierte Schauspieler Sebastian Koch. Gemeinsam mit dem Hubert Nuss Quartett wird er Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“ als musikalische Lesung präsentieren.

Eine liebgewonnene Tradition der jazzahead! ist die Clubnight: 30 Klubs, Bars, Theater, Museen, Kirchen sowie Hotels verwandeln sich am Freitagabend in moderne Jazzklubs, die mit einem Repertoire aus Soul, Jazz, HipHop, Rock und Elektro Bremens Innenstadt in ein kleines New York verwandeln. Bevor der Trubel beginnt, wird bereits am Donnerstag der Deutsche Jazzpreis im Bremer Metropol Theater verliehen und mit einem Konzert von Michael Mayo, dem letztjährigen Preisträger in der Kategorie „Künstler:in des Jahres international“, die jazzahead! 2023 eingeläutet.

Deutscher Jazzpreis 2023: Interview mit Hannes Möller von der Initiative Musik

Hannes Möller
Hannes Möller von der Initiative Musik  Foto: Foto: Julia Strankmann

Herr Möller, aus über 1 000 Einreichungen wurden nun die Nominierten für den diesjährigen Deutschen Jazzpreis ermittelt. Keine einfache Aufgabe, oder?

Hannes Möller: Die besondere Herausforderung bestand für die 25-köpfige Fachjury darin, aus den teils zahlreichen Einreichungen in jeder Kategorie am Ende jeweils drei Nominierte anhand künstlerisch herausragender Leistungen auszuwählen und dabei stets auch für das nötige Maß an Diversität Sorge zu tragen. Um bestmöglich alle Blickwinkel der Jazzszene abzubilden, formiert sich die Jury als repräsentativer Querschnitt aus je fünf Personen der folgenden Bereiche: Künstler:innen, Labels & Verlage, Clubs & Festivals, Managements & Agenturen sowie Journalist:innen & Medienvertreter:innen.

Was lässt sich anhand der Liste der Nominierten über den Status Quo des Jazz sagen?

Möller: Der Blick auf die 81 Nominierten zeigt in erster Linie die vielgestaltige Identität des Jazz und führt uns vor Augen, welche immense stilistische Vielfalt sich mittlerweile unter dem Jazzbegriff versammelt. Jazz ist keineswegs ein festgelegtes Nischen-Genre und entwickelt sich als zeitgenössische, improvisierte Musik ständig weiter und erfindet sich immer wieder neu.

Lassen sich sogar Prognosen zur Zukunft des Jazz aufstellen?

Möller: Wir haben angesichts dieser Auswahl an Nominierten allen Grund, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Jazz wird es aufgrund seiner unbändigen Innovationskraft in all seinen Facetten zukünftig vielleicht sogar noch mehr gelingen, einem diversen Publikum neue Wege zu dieser Musik zu vermitteln. Dies ist auch ein zentrales Ziel des Deutschen Jazzpreises.

Hat Sie persönlich etwas an der Liste der Nominierten überrascht?

Möller: Ich finde es bemerkenswert, dass in den Kategorien Schlagzeug/Perkussion national und international erstmals mehrheitlich weibliche Künstlerinnen nominiert sind. Das Spektrum aus Anika Nilles, Eva Klesse, Günter Baby Sommer, Sun-Mi Hong, Terry Lyne Carrington und Makaya McCraven zeigt eindrucksvoll, auf welch hohem Niveau heute gleich mehrere Generationen von Jazzmusiker:innen den musikalischen Diskurs prägen.

Die Preisträger:innen des Deutschen Jazzpreises 2023 im Überblick

KÜNSTLER:INNEN

  • Vokal: Natalie Greffel (Berlin)
  • Holzblasinstrumente: Volker Holly Schlott (Berlin)
  • Blechblasinstrumente: Matthias Schriefl (Köln)
  • Piano/Keyboards: Elias Stemeseder (New York/Berlin)
  • Gitarre: Kurt Rosenwinkel (Berlin)
  • Bass: Lisa Wulff (Hamburg)
  • Schlagzeug/Perkussion: Günter Baby Sommer (Dresden)
  • Besondere Instrumente: Rabih Abou-Khalil (Frankreich/München)
  • Künstler:in des Jahres: Sanni Est (Berlin)
  • Band des Jahres: Insomnia Brass Band (Berlin)
  • Großes Ensemble des Jahres: POTSA LOTSA XL (Berlin)
  • Blasinstrumente international: Lakecia Benjamin (New York, USA)
  • Piano/Keyboards international: Jason Moran (New York, USA)
  • Saiteninstrumente international: Jeff Parker (Chicago, USA)
  • Schlagzeug/Perkussion international: Makaya McCraven (Chicago, USA)
  • Künstlerin: des Jahres international: Moor Mother (Los Angeles, USA)
  • Band des Jahres international: James Brandon Lewis Quartet (New York, USA)

AUFNAHME/PRODUKTION

  • Album Instrumental des Jahres: Melt Trio – Consumer (Berlin)
  • Album Vokal des Jahres: LUAH – MO VI MENTO (Köln)
  • Debüt-Album des Jahres: InEvitable – InEvitable (Berlin)
  • Rundfunkproduktion des Jahres:
    Hörspiel „Die Ballade von Robin Hood“ von John von Düffel (Berlin)
  • Album Instrumental des Jahres international:
    Wadada Leo Smith, Andrew Cyrille, Qasim Naqvi – Two Centuries (New York, USA)
  • Album Vokal des Jahres international: Cécile McLorin Salvant – Ghost Song (New York, USA)
  • Debüt-Album des Jahres international: Vicente Hansen Atria – Orlando Furioso (New York, USA)

LIVE

  • Spielstätte des Jahres: Loft, Köln
  • Festival des Jahres: Cologne Jazzweek

KOMPOSITION/ARRANGEMENT

  • Komposition des Jahres: Heidi Bayer – Cookie Dough (Köln)
  • Arrangement des Jahres : Diego Pinera – Bartók (Berlin)

SONDERPREISE

  • Journalistische Leistung: Franziska Buhre & Julia Neupert – Jazz-Frauen. Wegbereiterinnen im Off
  • Lebenswerk: Rolf Kühn & Joachim Kühn
  • Sonderpreis der Jury: Queer Cheer – Community for “Jazz” and Improvised Music
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