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Didi Danquart

Didi Danquarts erster Kinofilm spielt 1933 im Schwarzwald: Ein Viehhändler wird plötzlich zum verhaßten Jud Levi. Wir fragten den Regisseur, ob „Viehjud Levi“ (seit 30. 9. im Kino) auch heute noch aktuell ist.

CTIY.mag: Herr Danquart, was hat Sie daran gereizt, Thomas Strittmaters Theaterstück zu verfilmen?

Didi Danquart: Zum einen habe ich gemeinsam mit ihm meinen ersten Fernsehfilm „Bohai Bohau“ gemacht. Als er dann plötzlich starb, habe ich mit der Verfilmung des „Viehjud Levi“ meine Trauer verarbeitet. Zum anderen habe ich 1993 in Sarajevo einen Dokumentarfilm gedreht. Damals machte ich die Erfahrung, daß sich in Kriegszeiten die Wertvorstellungen verschieben: Der Nachbar mutiert zum Feind. Dieses Thema habe ich in meinem Film aufgegriffen.

CTIY.mag: Sie wollten also keinen Historienfilm machen?

Danquart: Nein. Ich wollte einen Stoff verfilmen, der heute genau so aktuell ist wie 1933. Schließlich werden Fremde noch immer ausgegrenzt.

CTIY.mag: Was sich in Ihrem Film abspielt, kann sich also jederzeit wiederholen?

Danquart: Ich will den Holocaust nicht direkt mit der Tragödie im Kosovo vergleichen. Aber Parallelen gibt es schon: Da werden Menschen erniedrigt oder getötet, weil sie anders sind. Genau diesen menschlichen Mechanismus, das Eigene zu erhalten und das Fremde abzustoßen, habe ich aufgegriffen.

CTIY.mag: Soll das Jugendliche animieren, sich stärker mit dem Nationalsozialismus auseinanderzusetzen?

Danquart: Nein. Viele Jugendliche sagen: „Ich mag nichts mehr davon hören.“ Weil die Schule sie schon mit dem Holocaust vollgeklopft hat. Darum will ich die jungen Leute nicht belehren, sondern ihnen eine spannende Geschichte erzählen, die sich um Liebesbeziehungen und menschliches Miteinander dreht.

CTIY.mag: Damit haben Sie zumindest bei der Jury des Jerusalemer Film Festivals ins Schwarze getroffen, die den Film auszeichnete. Was bedeutet Ihnen dieser Preis?

Danquart: Ich bin sehr stolz darauf. Anfangs hatte ich ziemlichen Bammel vor diesem Festival, weil sich dort auch Holocaust-Überlebende meinen Film ansehen wollten. Aber ihnen hat er gleich gefallen. Ein besseres Prädikat kann ich nicht bekommen.

Interview: Dagmar Leischow

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