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Die 10 besten Novelty-Songs zwischen 1900 und heute

Foto von Boris Karloff als Frankensteins Monster in Schwarzweiß
„They do the Mash!“ – In Bobby Picketts „Monster Mash“ gehört auch Frankensteins Kreatur zu den Partygästen. (Foto: Universal Studios, NBCUniversal, Public domain, via Wikimedia Commons)

Ob Nazi-Spott, kultige Monster-Party oder Flugzeugduelle: Für Novelty-Songs ist kein Thema zu abwegig. Eine kurze Reise durch das wohl amüsanteste Musikgenre der Gegenwart.

„Novelty“, das heißt im ursprünglichen Sinne bloß Neuheit, ulkig-originell, und kann von Socken mit Yoda-Konterfrei über den „Watusi“ (Modetanz des Jahres 1962) bis hin zu architektonischen Abstrusitäten wie dem Éléphant de la Bastille reichen – einer Kolossalstatue, die Anfang des 19. Jahrhunderts unter Napoleon auf den Ruinen des berüchtigten Staatsgefängnisses errichtet wurde.

Kein Wunder also, dass auch die Musikgeschichte reich ist an Novelty-Werken, und das eigentlich, seit es Tonträger gibt. Die Encyclopaedia Britannica definiert sie als „sounding different from everything else being played on the radio or jukebox“. Mal satirisch, mal kokett, mal verrückt um der Verrücktheit willen: An kaum einem anderen Genre lässt sich der Zeitgeist besser ablesen als an Novelty-Songs. Ein kurzer Blick in die Kulturgeschichte des Unsinns.

10. „Bad Sign, good Sign“ von Monty Norman (1961)

Den Anfang macht der Song, der als Blaupause für eins der ikonischsten Filmthemen überhaupt gilt: „Bad Sign, good Sign“ aus dem Musical „A House for Mr Biswas“, basierend auf dem gleichnamigen Roman von V. S. Naipaul. Zwar hat es die Geschichte, in der sich ein junger Hindu aus den Fesseln einer lebensüberschattenden Prophezeiung befreit, nie auf die große Bühne geschafft – die Melodie des Stückes jedoch, in dem es um einen Unglück bringenden Niesreiz (!) geht, gehört heute in jede James-Bond-Eröffnungssequenz. Kein Witz.

9. „Yes! We have no Bananas“ von Frank Silver und Irving Cohn (1923)

Wie sich weiter unten noch zeigen wird, reichen die Wurzeln des Novelty-Genres fast bis zur vorletzten Jahrhundertwende zurück. In den Zwanzigerjahren erlebten Broadway, Vaudeville und Kabarett eine erste Blüte, und Komponist:innen und Librettist:innen verfassten im Akkord Gassenhauer. Dieser konkrete stammt aus der Revue „Make it snappy“ und geht auf eine Bananenknappheit in New York City zurück, verursacht durch Braunfäule in den Exportländern.

8. „Snoopy vs. the Red Baron“ von The Royal Guardsmen (1966)

Insbesondere die Sechzigerjahre waren nicht eben arm an Novelty-Songs. Interpreten wie The Trashmen oder Barry Mann brachten mit ihren Songs „Surfin‘ Bird“ und „Who put the Bomp (in the Bomp, Bomp, Bomp)“ Schwung in Teenie-Bälle, Büroparties und Fernsehzimmer. Ganz vorn dabei waren auch The Royal Guardsmen, ein Sextett aus Florida, die schon 1962 mit Historien-Pop experimentierten. Vier Jahre später, als der Hund Snoopy in Charles Schulz‘ Comicserie „The Peanuts“ in seinen Tagträumen von – Achtung, Wortspiel – „dog fights“ mit dem titelgebenden Weltkriegspiloten zu fantasieren begann, war es dann schnell ein Match made in Heaven.

7. „Smoke! Smoke! Smoke! (That Cigarette)“ von Tex Williams (1947)

Wer kennt sie nicht, diese zwanghaften Raucher:innen, die das gemütliche Beisammensein alle paar Minuten unterbrechen müssen, um ihrer als Genuss getarnten Abhängigkeit zu frönen? Country-Urgestein Tex Williams, selbst ein Tabakliebhaber erster Güte, nimmt auf seiner Talking-Blues-Single von 1947 eine Gesellschaft aufs Korn, die selbst dann noch auf ihre Raucherpause bestünde, wenn sie schon vorm Himmelstor auf Einlass warten würde.

6. „K-K-K-Katy“ von Geoffrey O’Hara (1918)

Anders, als der Titel es vermuten lässt, wird hier keine Ku-Klux-Klan-Schönheit besungen – gut, ein Cover mit veränderten Lyrics fand 1924 tatsächlich Eingang in das „Song Book for Women of the Ku-Klux-Klan“ –, sondern ein taffer US-Soldat, der zwar die Grabenkämpfe des Ersten Weltkriegs unerschrocken übersteht, nur um dann den Heiratsantrag an seine Daheimgebliebene gründlich zu verstottern. Durchaus modern in seiner augenzwinkernden Auseinandersetzung mit Rollenbildern, erlebte der Song im Zweiten Weltkrieg ein Revival bei den in England stationierten Truppen.

5. „It’s a Man“ von Betty Hutton (1951)

„Girls! Girls!/Watch out! Watch out!/There’s a two legged animal running about“ – und dieses Tier heißt: Mann. Es lügt, säuft, hat einen haarsträubenden Krawattengeschmack und Bartstoppeln, die beim Küssen stören. Die Beobachtungen von Betty Hutton, in den Vierzigerjahren Star der Paramount Pictures, sind noch 70 Jahre später topaktuell. In „It’s a Man“ vermischt das burschikose Multitalent Klischees über das „starke Geschlecht“ mit einer versöhnlichen Botschaft: Wen du wirklich liebst, den behalte – selbst wenn sein Auto dauernd liegenbleibt.

4. „Monster Mash“ von Bobby „Boris“ Pickett (1962)

Inspiriert von den Filmen der „Universal Monsters“-Reihe der Dreißigerjahre (und ihren schier unendlichen Fortsetzungen), brachte das One-Hit-Wonder Pickett 1962 die tanzbare (der sogenannte „Mashed Potato“ war damals en vogue), kurzweilige und mit Popkultur vollgestopfte Single auf den Markt, in der sich Dracula, Zombies und Frankensteins Monster in einer Spukruine versammeln, umgeben von blubbernden Hexenkesseln und Kettengerassel, um mal so richtig abzufeiern.

3. „The Fox (What does the Fox say?)“ von Ylvis (2013)

Sometimes it’s so bad it’s good: Die Brüder Bård and Vegard Ylvisåker, Hosts der norwegischen Talkshow I kveld med YLVIS, zogen 2013 mit dem Ziel aus, einen „Anti-Hit“ zu schreiben, der „nur schiefgehen könne“ – das hat in Mel Brooks‘ „The Producers“ schließlich auch funktioniert. Herausgekommen ist allerdings ein derart überzogen-danciger Ohrwurm, dass Biologielehrer:innen in den frühen 2010ern eine Zeitlang davor graute, das Biotop Wald zu behandeln.

2. „Amish Paradise“ von „Weird Al“ Yakovic (1996)

Keine Liste von Novelty-Songs wäre komplett ohne „Weird Al“ Yankovic, Polka-Partisan und Großmeister parodistischer Hits. Dass er ausgerechnet mit „Amish Paradise“ hier gelandet ist – eine offensichtliche Anspielung auf Coolios Klassiker „Gangsta’s Paradise“ von 1995 – statt etwa mit „Fat“ („Bad“ von Michael Jackson) oder Tacky („Happy“ von Pharrell Williams) –, ist schlicht dem Umstand geschuldet, dass seine Verulkung der Amischen-Glaubensgemeinschaft am exemplarischsten für Yankovics musikalische Anarcho-Blödelei steht.

1. „Der Fuehrer’s Face“ von Spike Jones And His City Slickers (1942)

Dass Humor eine Waffe sein kann, bewiesen Spike Jones und Band 1942, auf der Höhe des Zweiten Weltkriegs. Mit bissigem Verve nehmen sie Hitlers „Übermenschen“-Denke auf die Schippe und zeigen ihm (nicht nur akustisch) den Mittelfinger – so vergnüglich kann Antifaschismus sein. Lächerlicher wurde der „Führer“ wohl selten gemacht – höchstens im Disney-Kurzfilm gleichen Namens.

Honorable Mention 1: „Nonsense Song (Titine)“ von Charlie Chaplin (1936)

„Moderne Zeiten“ handelt von den Irrfahrten des kleinen Mannes in einer durchindustrialisierten Welt – was wäre da ein geeigneterer Höhepunkt als die Gesangseinlage mit Ganzkörpereinsatz, die den Film quasi beschließt: Der Tramp gleitet kauderwelschend durch ein vollbesetztes Tanzlokal, und obwohl die wenigsten der Lyrics echte Worte sind, gelingt es ihm – reichlich anzüglich –, eine Liebesgeschichte zu erzählen. Übrigens der erste Film, in dem Chaplins Stimme zu hören war.

Honorable Mention 2: „4 Chords“ von The Axis of Awesome (2011)

Richtiggehend investigativ: Das australische Comedy-Trio stellt die kompositorische Einfallslosigkeit moderner Künstler:innen bloß, denen neben der Akkordfolge D–A–Bm–G nichts mehr einzufallen scheint – und zieht in ihrem Medley dafür nicht eins, sondern gleich 47 Beispiele heran.

Honorable Mention 3: „Hitler has only got one Ball“ von F. J. Ricketts (ca. 1939)

Einstrophig und damit zu kurz, um eigentlich als Song zu gelten, außerdem schon eine Melodie aus dem Ersten Weltkrieg – und textlich platter als Spike Jones, geradezu vulgär. Andererseits: Die Diskussion um Hitlers angebliche Monorchie bleibt ein Evergreen, nicht nur unter Historiker:innen.

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