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Die besten Bücher 2025: Empfehlungen für den Juni

Die besten Bücher im Juni 2025: Buchcover von Ocean Vuong, Rachel Kushner, Nell Zink, Szczepan Twardoch, Guadalupe Nettel und Christoph Hein

Ich packe meine Strandtasche und nehme mit … Die besten Bücher im Juni 2025 mit Rachel Kushner, Nell Zink und Ocean Vuong.

Mit seinem Debüt „Auf Erden sind wir kurz grandios“ hat der Lyriker Ocean Vuong mal eben Genregrenzen verschoben, doch schon sein zweiter Roman wirft die Frage auf, ob es derzeit eigentlich Autor:innen gibt, die mit Ocean Vuong mithalten können. Also steht „Der Kaiser der Freude“ auf unserer Liste der besten Bücher im Juni 2025 natürlich ganz oben, oder? Zu tun bekommt er es immerhin mit Rachel Kushner, die einen Ideenroman und zugleich einen perfekten Thriller vorlegt. Zieht „See der Schöpfung“ auf unserer Liste der besten Bücher im Juni 2025 an Ocean Vuong vorbei? Vielleicht reibt sich aber auch Christoph Hein die Hände, weil sein 750 Seiten starker Schlüsselroman über die DDR unsere Liste der besten Bücher im Juni 2025 anführt.

Auch Szczepan Twardoch könnte es auf unserer Liste der besten Bücher im Juni 2025 weit bringen. In „Die Nulllinie“ erzählt er vom polnischen Intellektuellen Kon, der an die Front geht, um ukrainische Truppen mit Kriegsmaterial zu versorgen und sich schließlich von der Armee als Drohnenpilot anheuern lässt. Die mexikanische Autorin bearbeitet mit der Vereinbarkeit von Kinderwunsch und Autonomie ein ziemlich durchexerziertes Thema, doch ist ihr Roman dabei so unberechenbar, dass „Die Tochter“ auf unserer Liste der besten Bücher im Juni 2025 steht. Ganz ähnlich ist es bei Nell Zink: Ihr neuer Roman nimmt nicht nur alle Berlin-Klischees, sondern auch viele Trendthemen mit. Trotzdem gehört „Sister Europe“ unbedingt auf die Liste der besten Bücher im Juni 2025.

Die besten Bücher im Juni 2025

6. Christoph Hein: Das Narrenschiff

Die besten Bücher im Juni 2025: Buchcover „Das Narrenschiff“ von Christoph HeinChristoph Hein hat mit „Das Narrenschiff“ ein Panorama der DDR geschrieben. Aber wie das so ist mit Panoramen: Für den großen Überblick muss man auf Details verzichten, in diesem Fall ist es die Feinzeichnung der Charaktere. Heins fiktives Personal besteht aus zwei aus dem Moskauer Asyl heimkehrenden Kommunisten stalinscher Prägung und ihren Frauen sowie einem schwulen, jüdischen Literaturwissenschaftler und Shakespeare-Experten, der nach seinem beruflich erfolgreichen Exil in die DDR zieht, wo er die Zensurbehörde für Kinderfilme leiten muss. Ihre Freundschaft zeigt die unterschiedliche Reaktion auf einschneidende Ereignisse wie den niedergeschlagenen Aufstand in der DDR am 17. Juni 1953, den Mauerbau von 1961, Nikita Chrustschows Bruch mit Stalin in der Geheimrede von 1965 und natürlich das Ende der DDR 1989/90. Ein hölzerner Ton im Schreibstil verhindert leider jegliche sinnliche Wahrnehmung der Protagonisten, alle Schilderung bleibt trockene Behauptung, weshalb das Buch eher einem ausführlichen Protokoll von Menschenleben gleicht denn einem belletristischen Roman.

Suhrkamp, 2025, 750 S., 28 Euro

5. Guadalupe Nettel: Die Tochter

Buchcover „Die Tochter“ von Guadalupe Nettel„Beim Versuch, glücklich zu werden, stürzen sie sich kopfüber ins eigene Unglück.“ Dieser Vers eines tantrischen Meisters spukt der Ich-Erzählerin Laura im Kopf herum, als sie von Alina erfährt, dass sie schwanger ist. Hatten sich die beiden besten Freundinnen doch immer geschworen, niemals Teil der „Mütter-Sekte“ zu werden. Scheint die mexikanische Schriftstellerin Guadalupe Nettel mit ihrem Roman „Die Tochter“ zunächst der längst durchexerzierten Vereinbarkeit von Kinderwunsch und Autonomie nachzuspüren, schlägt sie schließlich einige unerwartete Haken. Denn was die beiden Freundinnen noch nicht wissen: Die Ärzte werden dem Ungeborenen nur wenige Stunden Lebenszeit prognostizieren. Und während Alina ein Grab für ihr ungeborenes Baby organisiert, beginnt Laura, selbst mütterliche Gefühle zu entwickeln – für den Nachbarsohn. Und so dehnt Nettel den Mutter-Begriff in alle Richtungen aus und öffnet noch eine allegorische Seitengeschichte einer Vogelfamilie, bis für die Leser:innen irgendwann kaum noch das eigentliche Motiv zu erkennen ist: Welche Herausforderungen es birgt, Verantwortung zu übernehmen und Liebe zu schenken – als Frau und als Freundin.

Luchterhand, 2025, 288 S., 22 Euro

Aus d. Span. v. Michaela Meßner

4. Szczepan Twardoch: Die Nulllinie

Buchcover „Die Nulllinie“ von Szczepan TwardochSeit Russland die Ukraine überfallen hat, fährt der polnische Schriftsteller Szczepan Twardoch regelmäßig in die Ukraine und dort an die vorderste Front, um Soldaten mit durch Crowdfunding finanziertem technischen Material zu versorgen – vor allem auch mit Drohnen. Twardoch, der schon das Schicksal von Soldaten im Ersten wie auch Zweiten Weltkrieg in seinen Romanen zum Thema gemacht hat, schickt in „Die Nulllinie“ ebenfalls einen Soldaten an die vorderste Front. Der polnische Intellektuelle Kon hat Geschichte studiert und sein bisheriges Leben aus privaten Gründen komplett verlassen. Zunächst versorgt er wie Twardoch ukrainische Einheiten mit Kriegsmaterial und lässt sich schließlich als Drohnenpilot von der Armee anheuern. Jetzt aber sitzt er als „Fleisch“ an vorderster Front im Schützengraben und lässt einem endlosen Gedankenstrom durch sein Gehirn ziehen, der durch Raum und Zeit mäandernd diesen Roman ausmacht. Er wartet auf den Feind. An ein Überleben in diesem Krieg glaubt hier keiner, an den Frieden schon gar nicht, weil das ihrer Meinung nach den Tod bedeutet. Bei Twardoch kämpfen Armee-Hasser neben Faschos und Intellektuelle neben vormals arbeitslosen, jetzt trockenen Alkoholikern einen Kampf ohne Perspektive, aber auch ohne Alternative. Und so halten sie im Schlamm liegend nach der nächsten Drohne Ausschau, die in ihren Unterstand stößt und alle tötet.

Rowohlt Berlin, 2025, 256 S., 24 Euro

Aus d. Pole. v. Olaf Kühl

TOP 3

3. Nell Zink: Sister Europe

Die besten Bücher im Juni 2025: Buchcover „Sister Europe“ von Nell ZinkAch, Berlin! Für die einen ein Schandfleck, für die anderen die einzige lebenswerte Stadt des Landes. Als US-Amerikanerin, die seit langem südlich der Hauptstadt lebt, hat Nell Zink ihren ganz eigenen Blick darauf. Ihr neuer Roman „Sister Europe“ nimmt alle Klischees mit – nicht nur über Berlin, sondern auch diverse Trendthemen unserer Zeit, wenn eine Gruppe Privilegierter bei einer Literaturpreisverleihung zusammenkommt: Kritiker Demian, seine jugendliche trans Tochter Nicole, sein bindungsgestörter Kumpel Toto, Totos Tinderdate Avianca, der arabische Prinz Radi und die Nazinichte Livia. Verfolgt werden sie vom Kripobeamten Klaus, der Nicole für eine Sexarbeiterin und die Männer für ihre Freier hält. Klingt nach einer Farce und ist auch so lustig wie eine – bei aller Konstruiertheit gelingt es Zink jedoch, das Szenario ganz natürlich und ihre Figuren wie echte Menschen erscheinen zu lassen. Aus ihren endlosen Gesprächen, die mit späterer Stunde immer ehrlicher werden, ergibt sich das Gefühl, Berlin könnte für einen Abend tatsächlich der Mittelpunkt der Welt sein, wie seine Bewohner:innen es immer vermuten. Doch dieser exzellente Roman wird lange nicht nur ihnen gefallen.

Rowohlt, 2025, 272 S., 24 Euro

Aus d. Engl. v. Tobias Schnettler

2. Rachel Kushner: See der Schöpfung

Buchcover „See der Schöpfung“ von Rachel KushnerSadie Smith, Ex-FBI und Agent provocateur, soll in Südfrankreich die Moulinarden, eine Gruppe Ökoaktivisten, infiltrieren und diese des Ökoterrorismus überführen – oder, wenn nötig, sie dazu aufwiegeln. Bruno Lacombe, der Vordenker der Gruppe, lebt seit Jahren in einer Kaverne, und schreibt in langen E-Mails philosophische Abhandlungen, unter anderem darüber, dass der Neandertaler der bessere Mensch geworden wäre, wäre er nicht von einem anderen Primaten evolutionär verdrängt worden: dem Homo sapiens … Rachel Kushner dekonstruiert den Spionageroman, vielleicht dekonstruiert sie sogar den Roman als solchen: Die Krimielemente sind so gewollt banal, die Hauptfigur ist ein wandelndes Hardboiled-Klischee mit dicken faken Brüsten, die Männerfiguren sind Vollidioten, eitle Fatzkes oder Sexualobjekte. Es gibt Empowerment, Feminismus und saftigen Spott für Männer, genuin großartig Geschriebenes und seltsam unbeteiligten Füllstoff, Antikapitalismus, Anti-Aktivismus, und die Ökos sind ungefähr so terroristisch wie die Kommune 1 in ihrer zweiten Phase.

Das alles passt eigentlich nicht recht zusammen – und ergibt doch etwas Originäres, einen Crossover-Roman zwischen Genrestoff und Zivilisationskritik, der gleichzeitig zu lang und zu kurz ist, denn man muss sich fast 300 Seiten in „See der Schöpfung“ reinlesen, um seine Qualitäten zu erkennen. Kushner geht der Frage nach dem richtigen Leben nach: Ist es, mit der Herde zu blöken und keine Fragen zu stellen? Sich gegen das System aufzulehnen mit Protest und Aktivismus, wie die Moulinarden? Sich wie Bruno aus der Zivilisation zurückzuziehen? Ist es Sadies Nihilismus, der es ermöglicht, wechselweise alles zu tun? Und war es früher, viel, viel früher wirklich viel, viel besser?

Rowohlt, 2025, 480 S., 26 Euro

Aus d. Engl. v. Bettina Abarbanell

1. Ocean Vuong: Der Kaiser der Freude

Buchcover „Der Kaiser der Freude“ von Ocean Vuong„Die Superkraft der Jugend besteht darin, dass man dem Nichts am Nächsten ist, und darin gleicht sie dem hohen Alter.“ Spätestens auf Seite 420 werden Sie weinen. Der 19-jährige Hai besucht Grazina, die nach einem Sturz in ein Heim gebracht wurde. Zwar erkennt die an Demenz erkrankte 82-Jährige ihren Mitbewohner und Pfleger nicht – in ihrem Kopf ist sie im Zweiten Weltkrieg, und für sie ist er wieder Sergeant Pepper – doch Hai hat aus dem gemeinsamen Haus zwei Salzstreuer in Eulenform mitgebracht. Mit Hilfe der Eulen erzählt er Grazina von Noah, dem Jungen, mit dem sich das Leben für Hai kurzzeitig ganz okay angefühlt und dessen Tod ihn gebrochen und in die Schmerztablettensucht getrieben hat. Vielleicht weinen Sie erst auf Seite 420, doch zuvor sind Sie schon auf unfassbar viele Sätze gestoßen, die Sie sich am liebsten notiert hätten, um die Schönheit der so eindringlichen wie entlarvenden Bilder immer wieder nachwirken lassen zu können.

Ocean Vuongs Romandebüt „Auf Erden sind wir kurz grandios“ war ein langer Brief an seine Mutter, in dem er die Fluchtgeschichte seiner Familie, die abgehängte US-amerikanische Provinz und Queerness verhandelt. Mit „Der Kaiser der Freude“ wechselt der zunächst für seine Gedichte gefeierte 36-Jährige zum allwissenden Erzähler in der dritten Form und entwirft für das trostlose Kaff East Gladness im New England des Jahres 2009 ein Figurenensemble, bei dem nicht nur Hai und Grazina unvergesslich sind. Vuong lässt Hai in einem Diner namens HomeMarket jobben: die Filialleiterin und Ameuterwrestlerin BJ, die zu Verschwörungstheorien tendierende Maureen, Hais autistischer und vom Bürgerkrieg faszinierter Cousin Sony – sie alle verlangen nach einer Verfilmung als TV-Serie. Vuong zeichnet ein Außenseiterpanorama, er erzählt anrührend von Freundschaft und Solidarität, doch gesellschaftlicher Aufstieg und falsche Heilsversprechen kommen nicht vor.

Hanser, 2025, 528 S., 27 Euro

Aus d. Engl. v. Anne-Kristin Mittag u. Nikolaus Stingl

Riskieren Sie auch einen Blick auf unsere Liste der besten Bücher im Mai 2025!

 

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