Die besten Bücher 2025: Empfehlungen für den März
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Worüber wird auf der Leipziger Buchmesse diskutiert werden? Die besten Bücher im März 2025 mit Aria Aber und Sara Gmuer.
Michael Köhlmeier erzählt in „Die Verdorbenen“ von einer Dreiecksbeziehung in der Unistadt Marburg Anfang der 70er-Jahre. Doch wie weit kommt Köhlmeier mit seinem neuen Roman auf unserer Liste der besten Bücher im März 2025? Er tritt gegen Aria Aber an, die ebenfalls die Spitzenposition auf unserer Liste der besten Bücher im März 2025 im Visier hat: „Good Girl“ ist eine so intensive wie reflektierte Coming-of-Age-Geschichte, in der die Ich-Erzählerin nach und nach die Zusammenhänge zwischen Alltagsrassismus und Klasse, häuslicher Gewalt und familiären Traumata zu entwirren beginnt. Oder steht Sara Gmuer auf unserer Liste der besten Bücher im März 2025 ganz oben? Mit „Achtzehnter Stock“ spürt die Schriftstellerin und ehemalige Rapperin dem kleinen Glück und dem unbändigen Aufstiegshunger nach und landet mit ihrem schroffen, doch nicht minder schönen Text schließlich wirklich ganz oben – im 18. Stock eines Hochhauses im Berliner Randbezirk.
„Sturm“ klingt wie ein postmodernes Werk, das perfekt in unsere katastrophengeplagte Gegenwart passt, doch George R. Stewart hat den Roman bereits 1941 verfasst. Wird das auf unserer Liste der besten Bücher im März 2025 belohnt? Gute Chancen hat auch Kurt Prödel: Galt er auf Twitter lange als Vorreiter einer neuen Internetsprache, vereint er mit dem so gut beobachten und tragisch-komischen Coming-of-Age-Roman „Klapper“ die digitale mit der analogen Welt. Und natürlich geht auch Édouard Louis auf unserer Liste der besten Bücher im März 2025 als einer der Favoriten ins Rennen: Der für seine Grenzgänge zwischen Literatur und Soziologie gefeierte Autor berichtet in „Monique bricht aus“ von der zweiten Flucht seiner Mutter.
Die besten Bücher im März 2025
6. George R. Stewart: Sturm
Vor der Westküste der USA zieht ein Sturm auf. Schon bald wird das „Maria“ getaufte Tief über das Land hereinbrechen, hier für Schnee, dort für Regen, hier für das Ende der Dürre und dort für Zerstörung sorgen. Wir erleben alle zwölf Tage seines Lebens aus der Sicht von Wissenschaftlern, Politikern, Bürger:innen und sogar ein paar Tieren. Dabei betont Autor George R. Stewart immer wieder die filigranen Zusammenhänge, die das Klima des Kontinents bestimmen. Was klingt wie ein postmodernes Werk, das perfekt in unsere katastrophengeplagte Gegenwart passt, hat Stewart bereits 1941 verfasst. Wie die Übersetzer:innen im Nachwort dieser Wiederveröffentlichung aufzeigen, hat er damit praktisch die Formel aller Katastrophenfilme vorweggenommen, doch auch etwa die Romane eines Frank Schätzing erinnern mit ihrer Multiperspektivität und ihren vornehmlich durch ihre Berufe definierten Figuren an Stewarts Roman. „Sturm“ ist allerdings realistischer und informativer – und dadurch zugegebenermaßen stellenweise auch zäher – als die meisten Werke, die er beeinflusst hat. Nebenbei gilt das sogar für die Realität: Die Praxis, Stürmen Frauennamen zu geben, wurde teilweise durch den Roman populär gemacht.
Hoffmann & Campe, 2025, 384 S., 26 Euro
Aus d. Engl. v. Jürgen Brôcan und Roberta Harms
5. Michael Köhlmeier: Die Verdorbenen
„Ich denke mir das so: Du bist verdorben auf die Welt gekommen.“ Der Kriminalbeamte, der gegen Ende von Michael Köhlmeiers neuem Roman noch einmal mit dem Helden spricht, bevor der aus der Untersuchungshaft entlassen wird, fällt ein moralisches Urteil, das Köhlmeier auch zum Titel des schmalen Bändchens „Die Verdorbenen“ macht. Johann heißt der Held, der Anfang der 1970er-Jahre – wie Köhlmeier seinerzeit auch – aus Österreich ins linke Marburg zieht, dort Germanistik und Politikwissenschaft studiert und nebenbei als Journalist und Autor zu schreiben beginnt. Er lernt Christiane und Tommi kennen, und es entwickelt sich eine Dreierbeziehung zu Lasten von Tommi. Köhlmeier, der die Geschichte durch den nun 60-jährigen Johann erzählen lässt, stellt dem linken Marburger Milieu ein vernichtendes Zeugnis aus und zeichnet die „freie“ Liebe seines kalten, moralbefreiten Personals ohne Anteilnahme. Am Ende gibt es Tote, was Johanns frühem kindlichen Wunsch entspricht und der Handlung den Rahmen gibt: Er wollte einmal in seinem Leben einen Menschen umbringen.
Hanser, 2025, 160 S., 23 Euro
4. Kurt Prödel: Klapper
Thomas ist 15 Jahre alt, ein Zocker und Außenseiter. Wegen seines klapprig-knochigen Körpers, der nur von Metallica-, Slayer- und Iron-Maiden-Shirts zusammengehalten wird, taufen ihn seine Mitschüler:innen Klapper. Erst als nach den Sommerferien die selbstbewusste Bär neu in seine Klasse aufgenommen wird, beginnt sein pubertär fehlprogrammierter Hormonhaushalt so etwas wie eine zarte Lust am sozialen Leben zu entwickeln. Bär ist cool. Sie hört Kollegah, zeichnet kiffende Comicfiguren und teilt sich mit Klapper eine Leidenschaft: „Counter-Strike“. Gemeinsam friemeln sie an einer eigenen Map für den Online-Shooter, und so detailversessen sie ihre Schule in das Spiel übertragen, zeichnet Musiker und Autor Kurt Prödel in seinem Debütroman „Klapper“ eine deutsche Kleinstadtrealität Anfang der 10er-Jahre nach: kurz nach Winnenden, kurz vorm Aufbruch ins digitale Zeitalter. Zwischen IKEA-Wellenspiegel, Zitronenkrümeleistee, McDonald’s-Gläser, Overheadprojektoren, Kollegah-Punchlines, Fake-Kellogg’s, AXE-Africa-Sprühdeo und Oliver-Kahn-Poster. Kurzum: die Tristesse royal im kleinstädtischen NRW. Galt Prödel auf Twitter lange als Vorreiter einer neuen Internetsprache, vereint er mit diesem so gut beobachten und tragisch-komischen Coming-of-Age-Roman die digitale mit der analogen Welt, lässt seine beiden fehlerhaften Held:innen im Zeitkolorit aufgehen und erzählt nur mittels eines geschenkten Kugelschreibers die ganze Geschichte einer dysfunktionalen Familien-Beziehung.
Park x Ullstein, 2025, 256 S., 22 Euro
TOP 3
3. Sara Gmuer: Achtzehnter Stock
Wenn das Glück seine Fühler ausstreckt, reichen diese nur selten bis in die Randbezirke Berlins. Erst recht nicht bis in Wandas von Schimmel befallene Miniwohnung einer Blocksiedlung. 18. Stockwerke, Sperrmüll im Aufzug, ein Hausnazi im sechsten Stock: Da kann selbst Sidos Block nicht mithalten. Und weil die erfolglose Schauspielerin und alleinerziehende Mutter nicht bloß vom Warten alt werden will, muss das Glück herausgefordert werden. So stolpert Wanda Hals über Kopf in eine entgrenzt hedonistische Welt, die Zwei-Liter-Colaflaschen werden gegen Moët und die Kartoffelecken gegen japanisches Tiger-Fugu aus Sterneküchen eingetauscht. Allerdings will sich der große Glücksrausch nicht einstellen. Was hat Wanda in diese Welt gebracht? Ihr Talent? Ihr Aussehen? Oder war es doch bloß Glück? Mit „Achtzehnter Stock“ spürt die Schriftstellerin und ehemalige Rapperin Sara Gmuer dem kleinen Glück und dem unbändigen Aufstiegshunger nach und landet mit ihrem schroffen, doch nicht minder schönen Text schließlich wirklich ganz oben – im 18. Stock.
Hanser Blau, 2025, 224 S., 22 Euro
2. Aria Aber: Good Girl
Ihre Eltern haben sie auf ein Elite-Internat geschickt, doch seit Nila zurück in Berlin ist, geht sie primär feiern, an der Humboldt-Uni hat sie sich vor allem wegen des Semestertickets eingeschrieben. Ihr Leben zwischen Tanzen, Drogen und dem Traum, Fotografin zu werden, wird durch die Begegnung mit dem magnetischen US-Autor Marlowe aufgerüttelt. Exzessive Beschreibungen von Berghain-Besuchen, die extremen Emotionen der Jugend, die toxische Beziehung zu einem älteren Mann: Aria Abers Debütroman, von ihr selbst aus dem Englischen übersetzt, beginnt mit bekannten Elementen, wird jedoch durch die zweite Handlungsebene vor der Klischeekiste bewahrt. Denn Nila heißt eigentlich Nilab, ihre Eltern stammen nicht aus Griechenland, wie sie immer behauptet, sondern mussten aus Afghanistan fliehen. Ihr Hedonismus dient vor allem dazu, den frühen Tod ihrer Mutter zu verdrängen, und Marlowe und seine Feuilleton-Freund:innen symbolisieren für sie einen Weg, der Plattenbausiedlung und den taxifahrenden Onkeln zu entkommen. Sie ist gefangen zwischen zwei Welten, die beide auf ihre Art unmögliche Anforderungen an junge Frauen stellen – und während die Ich-Erzählerin nach und nach die Zusammenhänge zwischen Alltagsrassismus und Klasse, häuslicher Gewalt und familiären Traumata zu entwirren beginnt, entsteht eine so intensive wie reflektierte Coming-of-Age-Geschichte.
Claassen, 2025, 400 S., 25 Euro
Aus d. Engl. v. Aria Aber
1. Édouard Louis: Monique bricht aus
Bereits in „Die Freiheit einer Frau“ hat Édouard Louis von Leben seiner Mutter erzählt. Das 2021 erschienene Buch handelt nicht nur von den falschen Kerlen, zu frühen Schwangerschaften, Armut und geplatzten Träumen, sondern auch von einem gelungenen Ausbruch, denn Louis’ Mutter gelingt es, den Vater zu verlassen und die gewaltvolle Ehe hinter sich zu lassen. Doch die Geschichte wiederholt sich, und so berichtet der für seine Grenzgänge zwischen Literatur und Soziologie gefeierte Autor in „Monique bricht aus“ von der zweiten Flucht seiner Mutter: Nach der Trennung vom Vater ist sie zwar nach Paris entkommen, lebt aber in einer Hausmeisterwohnung mit einem Mann zusammen, der sie genauso schlecht behandelt wie Louis’ Vater. Eines Nachts ruft sie beim Sohn an, während ihr neuer Partner sie im Hintergrund rüde beschimpft. Schritt für Schritt planen Mutter und Sohn den Ausbruch, und ein neuer Anfang gelingt … Komprimiert auf gerade mal 160 Seiten erzählt Édouard Louis diese persönliche Geschichte. Doch dieses Buch braucht Zeit und wirkt lange nach, denn immer wieder sind da Sätze, bei denen man innehalten muss, um über die eigene Situation und gesellschaftliche Umstände nachzudenken.
S. Fischer, 2025, 160 S., 22 Euro
Aus d. Franz. v. Sonja Finck
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