Die besten Bücher 2025: Empfehlungen für den November
Wie man gut durch lange Nächte kommt: Die besten Bücher im November 2025 mit Alan Hollinghurst, Thorsten Nagelschmidt und Lee Yuri.
Emeli Glaser ist ein echter Geheimtipp: Mit ihrem Debüt blickt sie in kleine Parallelwelten im Osten Berlins – die mit Fetischklubs und Kreativkollektiven so gar nicht zu tun haben. Ist „Rahnsdorf Ripper“ der Überraschungssieger auf unserer Liste der besten Bücher im November 2025? Auch Lee Yuri steht überraschend auf unserer Liste der besten Bücher im November 2025: In den acht surrealen Erzählungen von „Broccoli Punch“ lässt sie Tote sprechen und Arme zu Brokkoli werden. Ein oft gesehener Autor auf unserer Liste der besten Bücher ist Michael Köhlmeier: Im November 2025 geht er mit „Dornhelm“ an den Start.
Zu den Favoriten auf unserer Liste der besten Bücher im November 2025 zählt „Unsere Abende“. Der 71-jährige Alan Hollinghurst hat bereits 2004 den Booker-Prize gewonnen, und im vergangenen Jahr wurde er gar zum Knight Bachelor ernannt. Bijan Moini steht mit „2033“ auf unserer Liste der besten Bücher im November 2025: In dem Roman schildert er ein Deutschland, das noch 100 Jahre nach Hitlers Machtergreifung im Faschismus versinkt. Und Thorsten Nagelschmidt? Der berichtet in „Nur für Mitglieder“, wie er mit einem Serienmarathon den Feiertagsfrust bekämpft. Schafft er es dank der „Sopranos“ auf unserer Liste der besten Bücher im November 2025 ganz nach oben?
Die besten Bücher im November 2025
6. Michael Köhlmeier: Dornhelm
„Nur für die Leser unseres Buches – falls der eine oder andere es nicht weiß: Der Vlad Tepes hat seinen Feinden einen Pfahl in den Arsch treiben und den Pfahl mit dem Delinquenten daran senkrecht aufstellen lassen.“ Keine Sorge, Dracula-Anekdoten sind nicht der Schwerpunkt in Michael Köhlmeiers Buch „Dornhelm“. Aber kurzweilig ist „der Roman einer Biografie“, verdammt kurzweilig, denn die 13 Tage dauernden Gespräche zwischen dem Autor und seinem Freund, dem Regisseur Robert Dornhelm, sind nicht nur von immer wiederkehrender Komik durchdrungen, sondern zeigen einen so sympathisch subjektiven wie wortmächtigen Regisseur („Echo Park“, „Anne Frank – The whole Story“). Das Buch eröffnet mit einer Anekdote über Grace Kelly und schließt auch mit einer über sie, dazwischen aber sprechen die beiden außer über Filmästhetik und Dornhelms Werk sehr viel über Kindheit und Jugend des Regisseurs in Temeschwar im kommunistischen Rumänien der Nachkriegszeit und darüber, wie vor allem sein geliebter Bruder Peter Dornhelms Leben prägte, ehe die Familie nach Österreich auswanderte.
Zsolnay, 2025, 284 S., 26 Euro
5. Bijan Moini: 2033
Wer aus der Vergangenheit nicht lernt, ist verdammt, sie zu wiederholen. Das weiß auch Bijan Moini, der in „2033“ ein Deutschland schildert, das noch 100 Jahre nach Hitlers Machtergreifung im Faschismus versinkt: Als in der Parteizentrale des klar an die AfD angelehnten AUFSTAND eine Bombe explodiert, übernimmt die junge Rechtsanwältin Marie Wigand widerwillig die Verteidigung der progressiven Hauptverdächtigen Semmerich – und findet sich bald in einem Justizdrama wieder, das bis in die Ränge der Bundesregierung reicht. Dass Ferdinand von Schirach dem Buch sein Placet ausgesprochen hat, liegt sicher sowohl an der genauen, wenn auch streckenweise spröden Schilderung juristischer Untiefen als auch an Moinis zutiefst demokratischer Beunruhigung. Trotzdem wirkt der Roman schon beim Weglegen angestaubt, so schnell überholt die irre Gegenwart laufend Moinis literarischen Extrapolationsversuch.
Atrium, 2025, 335 S., 23 Euro
4. Thorsten Nagelschmidt: Nur für Mitglieder
Vielen gilt „Die Sopranos“ als eine der besten Serien aller Zeiten. Doch Autor und Muff-Potter-Frontmann Thorsten Nagelschmidt hat sie bisher verpasst. Also quartiert er sich über Weihnachten in einem Luxushotel auf Gran Canaria ein, um die sieben Staffeln an elf Tagen durchzubingen. Seine wahre Motivation ist dabei seine Abneigung gegen Weihnachten, die ihn jährlich zum sozialen Außenseiter macht und seine Depression befeuert. Wer sich von „Nur für Mitglieder“ eine Abhandlung über Tony Soprano und Co. erhofft, wird enttäuscht sein. Spannender sind Nagelschmidts extreme Offenheit, wenn es um die eigenen Abgründe geht, und seine unbedingte Antipathie gegen den Besinnlichkeitszwang. Thorsten Nagelschmidt, geboren 1976 in Rheine, ist Autor, Musiker und Künstler. Er ist Sänger, Texter und Gitarrist der Band Muff Potter und veröffentlichte die Bücher „Wo die wilden Maden graben“ (2007), „Was kostet die Welt“ (2010) und „Drive-By Shots“ (2015). Zuletzt sind seine Romane „Der Abfall der Herzen“ (2018), „Arbeit“ (2020) und „Soledad“ (2024) erschienen. 2024 wurde „Arbeit“ für die Aktion „Berlin liest ein Buch“ ausgewählt.
März, 2025, 230 S., 24 Euro
TOP 3
3. Emeli Glaser: Rahnsdorf Ripper – und andere Männergeschichten
Wer es an Buchcover und Titel vorbeigeschafft hat, wird bei Emeli Glasers „Rahnsdorf Ripper“ mit sieben fantastischen Kurzgeschichten belohnt. Schließlich ist das als Groschenkrimi getarnte Büchlein eigentlich ein grotesker Streifzug durch den Ost-Berliner C-Bereich. Ein Zoom auf diejenigen, die einige Kilometer Richtung Stadtmitte gerne unter „die Abgehängten“ subsumiert oder als „die Echten“ idealisiert werden. Da geht es dann mal um Wendeverlierer, die auf der Suche nach Sinn und Anerkennung unbemerkt ins rechte Internet abdriften, um Fachkräfte aus dem Facility-, Reinigungs- und Gebäudewartssektor, denen zuerst das Klassenbewusstsein abtrainiert und infolge der Job wegrationalisiert wird, oder um Heiko, der ewig jungfräulich und auf der Suche nach sexueller Befriedigung mitten in der überkandidelten Erotik-Performance „FICK MICH“ in Neukölln landet. Spätestens bei letzterer Geschichte erstrahlt dann auch der Buchuntertitel „und andere Männergeschichten“ in einem neuen, schummrigen Licht. Denn die 1996 in Berlin geborene Autorin leuchtet mit ihrem Debüt auch in die dunklen Ecken der Männlichkeit, wird dabei weder rührselig noch voyeuristisch und fächert darüber hinaus auf, was das Genre der Kurzgeschichte so alles kann. Zuvorderst: sich verschiedener Erzählperspektiven annehmen und diese kreativ verschieben – bis in Sci-Fi-, Reality-TV- oder Gaming-Welten.
Edition W, 2025, 141 S., 20 Euro
2. Lee Yuri: Broccoli Punch
Ein verstorbener Vater, der als Zimmerpflanze wiedergeboren wird, ein Leguan mit Fernweh, der Schwimmunterricht nimmt, und ein Mann, der mit Kieselsteinen sprechen kann: Mit ihrer surrealistischen Kurzgeschichtensammlung „Broccoli Punch“ stellt sich Lee Yuri in die Tradition von Giganten wie Franz Kafka. Aber wo das Aufwachen als Käfer bei letzterem unumkehrbar ist und in die Tragödie führt, gibt es im Debüt der Koreanerin immer Hoffnung. Selbst, wenn der Boxer Weonjun mit einer Brokkolihand aufwacht, schafft traditionelle Gesangstherapie Abhilfe, und die Grenze zwischen Leben und Tod erweist sich wiederholt als überraschend durchlässig.
Mit typisch koreanischer Subtilität lässt Lee das Magische alltäglich erscheinen – und schafft es so in den besten Momenten, das Alltägliche magisch zu machen. Ironischerweise wird genau diese Formel irgendwann einigermaßen vorhersehbar, sodass sich die weniger versöhnlichen Geschichten als die wirksamsten erweisen: allen voran „Treibenlassen“, in der eine Social-Media-Managerin bereit ist, dem K-Pop-Star, für den sie arbeitet, ihr ganzes Leben zu opfern. Zwar lässt Lee ihre Erzählerin nur allzu bald auf Aliens treffen, die von ihrer Selbstaufopferung beeindruckt sind, doch der eigentliche Kern der Erzählung ist die toxische Dynamik zwischen ihr und dem Künstler. Auch in der Titelgeschichte ist die in einem Brokkoli verwandelte Boxhand natürlich eine Metapher für den inneren Konflikt eines Profisportlers, der mit seinem Job hadert. Und der Leguan schafft am Ende genau das Ausbrechen aus dem vorgezeichneten Lebenslauf, von dem seine Schwimmlehrerin ebenfalls träumt. Nur eine von acht Geschichten enthält kein übernatürliches Element: In „Der Graureiher-Club“ wird Yangmi, die gerade ihren Laden schließen musste, vom gleichnamigen Club rekrutiert, um gemeinsam Graureiher zu beobachten. Von den Vögeln lernt sie, stoischer mit Fehlschlägen umzugehen und das Leben so zu nehmen, wie es kommt – eine Lektion, die auch „Broccoli Punch“ uns lehren kann.
Kanon, 2025, 212 S., 23 Euro
Aus d. Korean. v. Tamina Hauser
1. Alan Hollinghurst: Unsere Abende
Von nun an also Sir Alan Hollinghurst, denn in diesem Jahr wurde der 71-jährige Londoner zum Knight Bachelor ernannt. Zudem gibt es nicht wenige, die in Hollinghurst gar den derzeit besten Autoren der Insel sehen, und das lässt sich nach „Die Schwimmbad-Bibliothek“ (1988) und dem Booker-Prize-Gewinner „Die Schönheitslinie“ (2004) nun auch spielend mit seinem aktuellen Roman belegen, der erneut um Klasse, Diskriminierung und schwules Begehren kreist. In „Unsere Abende“ blickt der Schauspieler Dave Win auf sein Leben zurück und erzählt von den Benachteiligungen als Kind eines burmesischen Vaters. Schwerpunkt sind die 60er und 70er, doch spannend ist vor allen der Bezug zur Gegenwart: Eher unfreiwillig ist Daves Bio vom Internat an mit Giles Harlow verbunden, der später als konservativer Politiker zu einem Brexit-Protagonisten wird. Hollinghurst holt hier England sogar wieder näher ans europäische Festland ran, indem er Harlow in seiner Zeit als Kulturstaatsminister wie ein Porträt Wolfgang Weimers zeichnet.
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