Die besten Krimis 2022: Empfehlungen für den November
Wenn die Nächte länger werden, steigt die Spannung … Die besten Krimis im November 2022 mit Voosen / Danielsson, Hubertus Borck und Kai Havaii
Hubertus Borck ist ehemaliger Kabarettist und zudem ein profilierter TV-Serien- und Theaterautor. Natürlich kann er sehr gut schreiben, doch wenn er mit „Das Profil“ jetzt eine Krimireihe startet, stürmt er dann auch gleich auf den ersten Platz unserer Liste der besten Krimis im November 2022? Vorbei muss er an dem deutsch-schwedischen Autorenpaar Roman Voosen und Kerstin Singe Danielsson, die als Voosen/Danielsson mit „Die Spur der Luchse“ nun bereits den zehnten Band um die Ermittlerinnen Ingrid Nyström und Stina Forss vorlegen.
Vielleicht führt aber auch Kai Havaii unsere Liste der besten Krimis im November 2022 an. Der Extrabreit-Musiker reaktiviert in seinem neuen Thriller „Hyperion“ einen Ex-MAD-Agenten, um eine internationale Nazi-Terrorgruppe zu stoppen. Monika Fagerholm hält mit einem literarischen Krimi dagegen. Mit „Wer hat Bambi getötet?“ seziert die finnlandschwedische Autorin die Hochglanzwelt der Erwachsenen und der jungen Bloggerszene.
Außenseiterchancen auf den Spitzenplatz auf unserer Liste der besten Krimis im November 2022 hat durchaus auch Jean Hanff Korelitz. Mit „Der Plot“ hat sie einen Krimi am Start, in dem vor allem Literaturkenner manch listig versteckten Spaß entdecken werden. Und auf keinen Fall sollte man Bent Ohle unterschätzen, dessen zweiter Münsterlandkrimi den Titel „Die Kommissarin und der Metzger – Schrot und Korn“ trägt.
Die besten Krimis im November 2022
6. Bent Ohle: Die Kommissarin und der Metzger – Schrot und Korn
Kommissarin Tanja Terholte behält die Spuren im Blick, die nach einer gefundenen Knieprothese auf einem Acker bei Horstmar zu einem spektakulären Kunstraub führen. Mit ihrem Bruder Rudi – Metzger und Hobbyforensiker – erkennt sie, dass eine alte Ritterrüstung vor Schusswaffen schützt und „Taube mit grünen Erbsen“ kein westfälisches Gericht ist … Bent Ohles zweiter MünsterLANDkrimi beweist mit Humor und Action, dass der LV-Verlag (Landlust, hygge) neben Themen aus dem Landleben („Was brummt da auf dem Bauernhof?“) auch Regiokrimis kann.
LV.Buch, 2022, 240 S., 15 Euro
5. Voosen / Danielsson: Die Spur der Luchse
Ein Fuchs, ein Tiger und ein Luchs in Rüschenhemden. Ein Kaninchen und ein Reh in Ballkleidern. Was ist denn da im Wald los? Der mittlerweile zehnte Band des deutsch-schwedischen Autorenpaars Roman Voosen und Kerstin Signe Danielsson kommt tierreich und mystisch daher. Es sind Jugendliche, die sich bei einer Schulexkursion in einem Naturschutzgebiet von der Gruppe absetzen, sich verkleiden und Tiermasken aufsetzen. Sie haben sich für ein Rollenspiel verabredet – doch das nimmt einen unerwarteten Verlauf. Bei einer Suchaktion wird ein stark traumatisiertes Mädchen aus der Gruppe gefunden, die ihr Geheimnis jedoch nicht offenbaren will. Die beiden Ermittlerinnen Ingrid Nyström und Stina Forss stoßen in dem Wald in Småland nicht nur auf militante Naturaktivisten, die gegen die drohende Abholzung mobilmachen, sondern nach und nach auch auf Spuren mehrerer Verbrechen. Und was verbindet die mysteriösen Morde mit einem Serienvergewaltiger, dem Fund eines Goldschatzes und einer Suche nach Geschlechtsidentität?
KiWi, 2022, 448 S., 13 Euro
4. Jean Hanff Korelitz: Der Plot
Liegt die eigene Karriereleiter flach auf dem Boden, steigt man einfach die eines anderen empor. Das denkt sich Möchtegern-Bestsellerautor Jake Finch Bonner, der nach einem hoffnungsvollen Debütroman die Verlage mit seinen neuen Werken nicht mehr überzeugen kann. Notgedrungen unterrichtet er am Ripley College in Vermont Kreatives Schreiben, um ein Einkommen zu haben. Als ihm sein Student Evan Parker einen Plot vorträgt, erkennt Jake, dass dieser wirklich außergewöhnlich ist. Doch nutzt ihn Evan nicht für einen Roman – er stirbt kurz nach seiner Zeit am College. Jake klaut ein paar Jahre später skrupellos Evans raffinierte Plot-Idee, die ihm auch prompt einen Bestseller beschert. Doch dann bekommt er plötzlich E-Mails von einem „TalentedTom“, der ihn des geistigen Diebstahls bezichtigt und droht, dies öffentlich zu machen – falls Jake das nicht selbst tut. Jake versucht verzweifelt, „TalentedTom“ ausfindig zu machen … „Der Plot“ von Jean Hanff Karelitz ist ein rabenschwarzer Literaturkrimi.
Heyne, 2022, 352 S., 16 Euro
Aus d. Engl. v. Sabine Lohmann
Die besten Krimis im November 2022
TOP 3
3. Monika Fagerholm: Wer hat Bambi getötet?
Trifft Alkohol auf männliche Jugendliche im Sturm der Hormone, kann das zu unkontrollierbaren Gewaltausbrüchen führen: Im Jahr 2008 wird die 18-jährige Sascha im Villenviertel einer Vorstadt von Helsinki das Opfer einer Gruppenvergewaltigung. Während einer Party verschleppen die Teenager John, Alex, Gusten und ihr Ex-Freund Nathan das Mädchen in den Keller des Hauses, binden sie mit Gaffer-Tape nackt an ein Bett und misshandeln sie mehr als acht Stunden. Die Täter kommen mit sechs Monaten auf Bewährung wegen Freiheitsberaubung und einfacher Körperverletzung davon. Sie haben reiche und angesehene Eltern, die sich gute Anwälte leisten können. Die „ärgerliche Sache“ wird mit diskreten Zuwendungen aus der Welt geschafft. Sascha soll sich ein neues Leben mit einer Schwimmkarriere in den USA erfüllen. Doch der Traum platzt: Vier Jahre später stirbt sie dort an einer Überdosis Heroin. 2014 kehrt Gusten – inzwischen erfolgreicher Immobilienmakler – in die Kleinstadt seiner Kindheit zurück, um seine Jugendliebe Emmy zu suchen. Doch trifft er nicht nur bei der Bloggerin, sondern auch bei ehemaligen Freunden und deren Eltern auf unterschiedliche Arten der Verdrängung, um eine Scheinidylle aufrecht zu erhalten. Mal gnadenlos direkt, mal sperrig, mal poetisch: Die finnlandschwedische Autorin Monika Fagerholm seziert mit „Wer hat Bambi getötet?“ die Hochglanz-Welt der Erwachsenen und der jungen Blogger-Szene.
Residenz, 2022, 256 S., 25 Euro
Aus d. Schwed. v. Antje Rávik Strubel
2. Hubertus Borck: Das Profil
Schon mal leichtfertig ein Foto gepostet, auf dem ein Zimmerfenster der eigenen Wohnung zu sehen ist? Instagramjunkies aufgepasst: Das kann tödliche Folgen haben! Okay, Hubertus Borck baut seinen soliden Thriller-Erstling „Das Profil“ aus altbewährten Versatzstücken des Genres und folgt einem voraussehbaren Spannungsbogen. Jedoch packt es einen sofort, da der ehemalige Kabarettist und jetzige TV-Serien- und Theaterautor einfach sehr gut schreiben kann: Hochverdichtete Szenen, gutes Timing und glaubwürdige Dialoge geben der Chose ordentlich Schwung. Auch die Protagonist:innen mögen zwar dem gängigen Stereotypen-Kabinett entspringen, Borck dreht sie aber geschickt immer etwas quer zum Mainstream. So gibt es viele Likes, wenn Alpay seiner distanzierten Vorgesetzten Franka die Freudentränen in die Augen treibt, die SpuSi zufällig unterm Küchenbuffet den entscheidenen Hinweis findet und der Täter lernt, dass er erst zuschlagen muss, bevor er sein Opfer betäubt. Als kleine Rampensau verzichtet Borck übrigens auch selbst nicht auf einen Instagram-Account – mit dem er ebenfalls viel von sich preisgibt.
rororo, 2022, 304 S., 12 Euro
1. Kai Havaii: Hyperion
Seine Name ist Brosch. Felix Brosch. 39 Jahre alt und auf dem harten Ghetto-Pflaster von Kirchdorf-Süd in Hamburg großgeworden, war er als Fallschirmjäger in Afghanistan und dann sechs Jahre beim Militärischen Abschirmdienst. Nach dem tragischen Unfalltod seines Sohnes will Brosch mit Extremismusbekämpfung nichts mehr zu tun haben. Er kündigt, wird Koch und zieht sich in eine einsame Berghütte in den Alpen zurück. Doch so läuft das nicht im Spionagethriller: einmal Agent – immer Agent! Brosch lässt sich von einer alten Kollegin vom BND zu einem riskanten Undercovereinsatz überreden, weil sich ausgerechnet sein Cousin in einer neuen Terrororganisation radikalisiert hat.
„Hyperion“ von Kai Havaii ist der beste deutsche Agententhriller seit langem: ein packender Plot, actionreiche Verfolgungs- , Entführungs- und Fluchtszenen quer durch Europa, und nicht zuletzt mit Brosch und Rubin ein neues Dreamteam im Kampf gegen das Böse in der Welt. Was das wirklich ist, daran lässt Kai Havaii seinen Brosch durchaus zweifeln. Durch Rubin erkennt der Romanheld, dass Ideale und moralische Werte nicht universell sind und jede Seite nachvollziehbar handelt. Gerade mit diesen Zwischentönen trifft Havaii den richtigen Sound.
Rütten & Loening, 2022, 512 S., 16,99 Euro