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Die besten Krimis 2024: Empfehlungen für den März

Die besten Krimis im März 2024: Buchcover von Hervé Le Corre, Karen Sander, Max Annas, Federico Axat, Ron Corbett, Alexander Oetker + Linh Thi Nguyen

Tödliche Frühlingsgrüße: Die besten Krimis im März 2024 mit Max Annas, Karen Sander und Hervé Le Corre.

Pho-Bo, Bum-Bum und Tilidin-Tavor: Haben Alexander Oetker und Linh Thi Nguyen damit etwa das Geheimrezept für Berlinkrimis gefunden? Und wie erfolgreich sind die beiden mit „Das Dunkel aller Tage“ auf unserer Liste der besten Krimis im März 2024? Max Annas ist ja immer für eine Spitzenposition gut, denn er versteht es wie kein anderer Krimiautor, historische Realitäten und Fiktion glaubhaft zu verbinden. Führt also „Berlin, Siegesallee“ unsere Liste der besten Krimis im März 2024 an? Auch Rom Corbett hat mit Detective Frank Yakabuski und seinem zweiten Noir „Cape Diamond“ gute Chancen auf den Monatssieg.

Zu den Favorit:innen auf unserer Liste der besten Krimis im März 2024 zählt ohne Zweifel auch Karen Sander. Nach dem Erfolg ihrer „Strand“-Trilogie legt sie nun drei weitere Romane mit dem etablierten Personal nach. „Der Sturm – Vergraben“ macht den Anfang. Oder führt gar Hervé Le Corre unsere Liste der besten Krimis im März 2024 an? Mit „Durch die dunkelste Nacht“ legt er eine vertraut anmutende Großstadtmelange vor – nur flackern in der morbiden Schönheit oft auch übersehene Seiten von Menschlichkeit auf.

Die besten Krimis im März 2024

6. Ron Corbett: Cape Diamond

Die besten Krimis im März 2024: Buchcover „Cape Diamond“ von Rom Corbett„Das sind Leute, die seit Jahrhunderten Geheimnisse haben. Hier gibt es Felsen, die gesprächiger sind.“ Da will man nicht tot überm Zaun hängen: North Shore ist Kanadas finsterste Provinz. Die wenigen Bewohner sind verschroben, wortkarg und neigen zu übertriebener Gewalt. Kurz hintereinander werden zwei Mitglieder rivalisierender Verbrecher­banden massakriert an einen Zaun gekettet. In dem Mund einer der Leichen findet sich ein Rohdiamant. Detective Frank Yakabuski muss durch seine Ermittlungen einen Gangster­krieg verhindern und neben der Auf­klärung einer Entführung auch noch einen Killer aus Mexiko stoppen. Dabei gerät er auf die falschen Fährten einer raffinierten Täu­schungs­aktion. Ron Corbetts zweiter Noir mit dem taffen Yak ist wieder brutal gut – und überrascht bis zum eiskalten Ende.

Polar, 2024, 360 S., 17 Euro

Aus d. Engl. v. Harriet Fricke

5. Federico Axat: In den Stunden einer Nacht

Buchcover „In den Stunden einer Nacht“ von Federico AxatWer morgens mordsmäßig verkatert auf dem Wohnzimmer­teppich erwacht, hat ein Problem. John Brenner hat gleich mehrere: Seine noch müden Augen erblicken nicht nur eine leere Wodka­flasche, sondern auch eine unbekannte Tote und die offensichtliche Tatwaffe. Nun sind im Genre ja Erinnerungslücken in Verbindung mit Mord­fällen schon ziemlich durchgenudelt. Was macht also der argentinische Autor Federico Axat aus dem bekannten Topos?

Zunächst bleibt es bei den üblichen Übersprungs­handlungen und Fehlentscheidungen, mit denen sich John gegenüber der Polizei erst recht verdächtig machen würde. Natürlich verschwindet dann auch noch die Leiche – das kennt man ja. Ohne Beweise auf ein Verbrechen könnte alles, was John in seinem abgelegenen Haus in den Wäldern von New Hampshire erlebt hat, als die Halluzinationen eines Alkoholikers abgetan werden. Meint auch Johns älterer Bruder Mark, der sich etwas zu fix als Krisenmanager anbietet und offensichtlich mehr verschweigt, als er sagt. Federico Axat spielt souverän mit Plot­klischees, indem er erwartbare Twists unterläuft und die Handlung durch den Einsatz bunter Pillen zu einem Psycho-Pharmaka-Thriller dreht. Wo Wodka an seine Grenzen stößt, sind Er­in­ne­rungen und Realitäts­wahr­nehmung durch Medi­kation raffiniert beeinflussbar. Und bei all dem hat Federico Axat großen Spaß: FBI-Agenten spielen sich als „Men in Black“ auf, und am Ende steht eine verschlüsselte Botschaft – die man selbst decodieren muss …

btb, 2024, 432 S., 17 Euro

Aus d. Span. v. Matthias Strobel

4. Alexander Oetker + Linh Thi Nguyen: Das Dunkel aller Tage

Buchcover „Das Dunkel aller Tage“ von Alexander Oetker und Linh Thi NguyenWer den Geruch von Teriyakisoße am Morgen liebt, sollte das Dong Xuan Center in Berlin-Lichtenberg kennen. In den Asia-Großmarkt­hallen findet sich neben Polyesterpullis und Plastikplunder nämlich alles, was zunehmend auch Haupt­stadt-Hipstern schmeckt und deren leckere Hündchen verschreckt. Dass hier nicht nur Pho-Süppchen köcheln, lassen uns Alexander Oetker und Linh Thi Nguyen im zweiten Fall ihrer Berliner Krimiserie wissen: In einer der hinteren Hallen explodiert mit viel Karacho eine dort versteckte Crystal-Küche. Dicke Luft also in „Klein Hanoi“! Bei zwei Toten Meth-Köchen rückt Rabenstein mit seinem SEK an und verdächtigt den plötzlich wortkargen Vietnamesen Duc, mit seinen Löffeln tief in den Drogentöpfen zu rühren. Dieser ist ausgerechnet der Bruder von Kommissarin Linh Schmidt, die natürlich keine Flecken auf Ducs weißer Kochweste sieht. Nicht das einzige Familienproblem für Linh, deren Mann Adam – auch Kommissar bei der Mordkommission – mal wieder krankgeschrieben ist. Seine Panik­attacken hat er nur mit den Helfern Tilidin und Tavor im Griff, die ihm Schmerz und Angst nehmen. Doch die Zutaten für seine Medi-Mische bekommt er schon längst nicht mehr legal in der Apotheke am Prenzl­berg, sondern er muss am Kotti unterm Tunnel auf den Pusher warten. Auffällig oft ist der durch­triebene Polizeiobermeister Thilo zur Stelle. Nur scheinbar schützt er Adam dabei vor Scherereien. In Wahrheit sägt er bereits an dessen Chefsessel, um endlich selbst an die Sterne auf der Schulterklappe zu kommen.

Oetker und Nguyen wissen: Bei einem juten Berlinkrimi macht’s der Mix! Kaputte Ermittler, dubiose Milieus, schräge Vögel und etwas Mief aus der Eck­kneipe. Das Ganze dann mit Intrigen, Selbstjustiz und häuslicher Gewalt abwürzen und stetig mehr erhitzen. Ermittelt wird dort, wo die Satelliten­schüsseln nach Süden zeigen und die Nagel­studio­dichte zunimmt – doch die richtig bösen Jungs golfen am Wannsee. Wie viel Linh Thi Nguyen hier aus eigener Erfahrung einbringt, darüber sollte man lieber nicht zu sehr grübeln. Sonst wird der Cá Phê kalt.

Piper, 2024, 288 S., 18 Euro

TOP 3

3. Max Annas: Berlin, Siegesallee

Die besten Krimis im März 2024: Buchcover „Berlin, Siegesallee“ von Max Annas„Soldaten sind Mörder“, schreibt Kurt Tucholsky 1931 in der Zeitschrift „Die Weltbühne“. Da würden die Protagonisten in Max Annas’ neuem Roman auch zustimmen – allerdings spielt „Berlin, Siegesallee“ schon 1914, kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Kaiserliche Soldaten waren in deutschen Afrika-Kolonien an zahlreichen Tötungen und dem Genozid an den Herero und Nama beteiligt. Das dringt auch bis ins preußische Steglitz, wo ein angehender Theologe, ein Botengänger, und ein Gärtner mit afrikanischen Migrationshintergrund aufeinandertreffen. Die drei schwarzen Männer Joseph, Friedrich und Ernst schließen sich zusammen, um diese Massaker ihrerseits mit Morden an heimgekehrten Soldaten zu ahnden. Die riskanten Aktionen gelingen, zeigen jedoch keine öffentliche Wirkung. Als sich ihnen die rebellische weiße Fabrikantentocher Florentine anschließt, denken sie größer und wollen den Ober­befehlshaber der grauenhaften Verbrechen zur Rechenschaft ziehen: Der Kaiser soll sterben!

Max Annas versteht es immer wieder, historische Realitäten und Fiktion glaubhaft zu verbinden. Im Genre des Kriminalromans entstehen so kritische Zeit­betrachtungen, die nicht nur politische Denkanstöße geben. Wenn Annas als profunder Afrikakenner seinen Charaktere eine überzeugende Sprache gibt und den waghalsigen Plan der Anarchotruppe skizziert, könnte das durchaus eine Nachstellung wahrer Ereignisse sein. Mit Briefen aus Kamerun, die bis Anfang der 1940er an Florentines Bruder gerichtet sind, bricht Annas die Handlung geschickt auf. Das Weltgeschehen ist nur eine Aneinanderreihung von Zufällen. Max Annas wirbelt die nur etwas durcheinander – und berührt mit dem Schicksal mutiger Menschen.

Rowohlt Hundert Augen, 2024, 288 S., 22 Euro

2. Karen Sander: Der Sturm – Vergraben

Buchcover „Der Sturm – Vergraben“ von Karen SanderEr mordete dort, wo es in der DDR am Schönsten war: Vor dem Mauerfall 1989 hat der Darß-Ripper jungen Pärchen zur ständigen Ausreise ins Jenseits verholfen. Auch nach über 30 Jahren ist die Mordserie ungeklärt, als bei einer Sturmflut wieder einmal ein Stück der Steilküste abbricht und dadurch zwei Skelette freigelegt werden. Gab es wohlmöglich weitere Opfer des damaligen Dünen-Schrecks? Wer bei Karen Sanders Trilogie „Der Strand“ schon mit der voreiligen Festlegung auf den Täter genüsslich versandet ist, kann sich auf einen neuen Rätsel-Dreiteiler mit dem serienerprobten Personal freuen: Kriminal­haupt­kommissar Tom Engel­hardt ruft wieder nach Unterstützung durch die Kryptologin Mascha Krieger. Zunächst wegen einer schwe­r­beschädigten und passwortgeschützten CD, die am Fundort der Skelette sichergestellt wird. Jedoch auch, weil die beiden seit dem letzten Fischland-Fall nicht nur beruflich harmonieren.

Karen Sander hat den Dreh am Darß raus: Mit der Fortsetzung ihrer Ostsee-Reihe legt sie drei weitere Bände vor, durch die sich eine wendungsreiche Verbrechersuche schlängelt. Da hängt am Kliff, wer um eingepferchte Opfer bangt und rätselt, welche Haken der Plot-Hase auf den Salzgras­wiesen wohl jetzt schlagen wird. Dass gerade Ältere im ehemaligen Grenzgebiet noch eine windige Vita haben, erfährt auch Mascha, die bei Geheimnissen ihres Vater im Trüben fischt. Was ja nicht nur in Vor­pommern vorkommen soll …

rororo, 2024, 368 S., 14 Euro

1. Hervé Le Corre: Durch die dunkelste Nacht

Buchcover „Durch die dunkelste Nacht“ von Hervé Le CorreDer Tag geht, und die Gewalt kommt. Bei Louise steht immer wieder ihr Ex Lucas vor der Tür. Tags­über putzt sie bei alten Leuten, abends muss sie als Frustabtreter nicht nur die Wange hinhalten. Da ist für ihren kleinen Sohn Sam längst Schlafenszeit – doch ist es meist viel zu laut. Wenn Louise ihm später eine gute Nacht wünscht, erkennt Sam an ihren blauen Flecken, dass sie wohl keine haben wird. Hier in Bordeaux biegen nächtens keine Traum­prinzen um die Ecke, und Louise gerät immer wieder an den Typ klassisches Arschloch. Die zehren an der Energie, die sie für Sam so nötig braucht – und rauben ihr jegliche Hoffnung.

Auch in den Augen von Polizei-Commandant Jourdan ist Müdigkeit erkennbar. Er glaubt schon lange nicht mehr an Gesetz und Gerechtigkeit. Zu oft musste er Gesichter sehen, die er nicht mit einer Bett- sondern mit einer Rettungsdecke bedeckt hat. Er pusht sich durch riskante Allein­gänge und hat sich dabei längst nicht nur beruf­lich in einer Sackgasse verrannt: Seine Frau verlässt ihn, weil er öfter über den Akten einschläft als bei ihr. Sadismus, Selbstjustiz und Rache greifen um sich, alle Sicher­ungen brennen durch: Eine Leiche liegt im Kofferraum eines Renaults. Eine Zwanzigjährige bekommt von einem Frauenkiller mit Zwangs­störungen auf der regennassen Straße ein Messer in den Hals gerammt. Auf einem dunklen Parkplatz klatscht ein Base­ballschläger in ein Gesicht. Das alles verdichtet der französische Krimi­autor Hervé Le Corre zu einer vertraut an­mu­tenden Großstadt-Melange, in der er jedoch mit morbider Schönheit oftmals auch übersehene Seiten von Menschlichkeit offenlegt. Flackert für Louise und Jourdan doch noch ein gemeinsamer Lichtblick auf? Mit einer Wucht, die lange nach­hallt, wird klar: Nicht jeder wird die Morgen­­dämmerung erleben.

Suhrkamp, 2024, 339 S., 17 Euro

Aus d. Franz. v. Anne Thomas

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