„Die Kaiserin“ auf Netflix: Palast der Intrigen
Auf Netflix startet heute die Serie „Die Kaiserin“ von Showrunnerin Katharina Eyssen mit Elisabeth und Franz als Außenseiter am Hof.
Und schon wieder kriegen wir eine Geschichte über die Kaiserin Sisi erzählt, diesmal in Form der Serie Die Kaiserin auf Netflix, gedreht von der Showrunnerin Katharina Eyssen mit Katrin Gebbe und Florian Cossen auf dem Regiestuhl. Wieder erfahren wir, dass seine Träume schlicht vergessen kann, wer die Regentschaft in der Österreich-Ungarischen Monarchie antritt. Das erfährt in der neuen Serie mit Devrim Lingnau als Elisabeth (sie will nicht Sisi genannt werden) und Philip Froissant als Franz das Dreamteam in Wien Mitte des 19. Jahrhunderts. Gerade erst hat Karen Duve ihren Roman „Sisi“ veröffentlicht, und vor wenigen Monaten kam der Film „Corsage“ mit Vicky Krieps als Kaiserin Elisabeth in reiferen Jahren in die Kinos. Buch wie Film versuchen den Blick auf Elisabeth in der heutigen Zeit zeitgemäßer zu gestalten. Gelingt das auch der Serie?
Gut eingefangen und ohne viel Schmalz in der Darbietung kommt die Liebesgeschichte der beiden daher. Zwei Außenseiter – Sisi droht von der Mutter in die Klapse gesteckt zu werden, und Franz fügt sich heimlich Verletzungen zu, während er politische Aufrührer auf Anweisung seiner Mutter hängen lässt – zwei Außenseiter finden sich, heiraten gegen den Willen der alles ganz anders planenden Mütter und versprechen sich gegenseitig, einander nicht zu verraten. Franz gibt sogar seine Geliebte auf, die ihm schnell noch bei ihrem anderen Lover den Megakredit für den Bau einer Eisenbahnstrecke quer durchs Reich verschafft. Womit wir mit dem Geschäftlichen auch schon knapp neben der Politik wären.
Denn in Die Kaiserin wird auch viel politisiert. 1853 beginnt der Krimkrieg, als Russland von Großbritannien und Frankreich angegriffen wird. Wie soll sich das Haus Habsburg verhalten? Russland beispringen oder Frankreich? Franz will gar nichts tun und wird dafür von seinem Bruder Maximilian beim französischen Botschafter verraten. Das alles arbeitet diese Serie, die in sechs Stunden Streamingzeit gerade mal (grob gerechnet) die erste halbe Stunde des ersten Sissi-Films mit Karl-Heinz Böhm und und Romy Schreider runterspielt, in plattester Weise ab; Böhm lässt grüßen. Dafür darf Intrigant Maximilian der Kaiserin nachstellen, Partys mit Franz Liszt an den Tasten veranstalten, auf denen es recht divers und angedeutet nackt zugeht. Überhaupt hat man beim Sichten der ersten drei Folgen den Eindruck, dass Partys und sonstige Feierlichkeiten den absoluten Schwerpunkt dieser auf mehrere Staffeln angelegten Serie Die Kaiserin bilden. Während im Saal getanzt wird (gerne auch besten choreografiert), darf man in den Hinterzimmern abwechselnd der Politik, den Geschäften und den Intrigen lauschen.
Dort in den Hinterzimmern ist vor allem Wiebke Puls aktiv. Puls, die in wenigen Wochen in der vierten Staffel der Serie „Babylon Berlin“ die brutale Leiterin einer Jugendvollzugsanstalt spielen wird, hat hier allerdings die fiesere Rolle: als Chefin der Hofdamen, die die neue Kaiserin bespielen dürfen. Sie durchsucht nicht nur heimlich Elisabeths Lektüre nach von der Zensur verbotenen Büchern, sondern verlang von den Damen auch, alles bis hin zu den Tagen, da Elisabeth blutet, zu melden, damit sie es der Kaisermutter weitergeben kann. Jördis Triebel, die wie Wiebke Puls bei „Babylon Berlin“ mitspielt – als kommunistische Ärztin im Untergrund ist sie zu sehen –, spielt hier die leicht intrigante Mutter Elisabeths, Ludovika.
Die Kaiserin ist Menschen zu empfehlen, die eine Liebesgeschichte zweier Außenseiter mögen, eine Frau, die sich furchtlos ihre Rechte nimmt, und die an Intrigen Spaß findet. Mit dem Leben der wahren Elisabeth wird auch diese Serie nicht viel zu tun haben. Aber soll das überhaupt der Anspruch sein? Innenpolitik, Außenpolitik, Aufstände? Ach, vergessen wir den Ernst des Lebens …