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Die neue Volksmusik: Cologne im Interview zu „Common Sense“

Cologne
Cologne (Foto: Mira Luna Bruh)

Der Gitarrist und Produzent Lars Cölln alias Cologne hat schon mit Fat Freddy’s Drop, Pohlmann und zahlreichen anderen gespielt. Doch mit seiner eigenen Musik will er noch viel mehr …

Lars, du bist gerade in Rio de Janeiro, richtig? Ist das eine berufliche Reise?

Lars Cölln: Ich treffe hier Freunde von mir, drehe ein Video und gebe Workshops an der Uni. Und Konzerte spiele ich auch, teilweise mit brasilianischen Kollegen, richtig hochkarätigen Musikern.

Dein neues Album ist auch an verschiedenen Orten entstanden. Leidest du an Reisefieber?

Cölln: Ich brauche auf jeden Fall immer fokussierte Zeit, um zu schreiben. Je näher ich an Zuhause bin, desto mehr Ablenkungen gibt es natürlich. Sobald ich woanders bin, beginnen die Orte auf mich zu wirken. Ich bin sehr naturverbunden: Aus der Stille kommen die meisten Töne. „Common Sense“ ist zu 90 Prozent in Portugal entstanden, da habe ich in einem ausgebauten Schweinestall gewohnt und bin jeden Tag zur Klippe gegangen, um aufs Meer zu schauen. Ich habe große Dankbarkeit gefühlt und versucht, die in die Musik zu übersetzen.

Cologne: „Mein Dämon – unser aller Dämon wahrscheinlich – ist aktuell die Technik“

Bei Musik ohne Text sind konkrete Aussagen schwierig. Hat „Common Sense“ trotzdem eine Message?

Cölln: Für mich ist es eine Rückbesinnung auf Werte, die wir manchmal vielleicht vergessen. Mein Dämon – unser aller Dämon wahrscheinlich – ist aktuell die Technik, die unsere Welt dominiert. Dass das Eigentliche meistens dort ist, wo kein Bildschirm ist, sollte common sense sein, kann einem aber leicht entgleiten. Auch der Stellenwert von Musik ist zum Beispiel hier in Brasilien ganz anders. Die Art, wie Musik zelebriert wird und Teil der Kultur ist, würde ich gern nach Deutschland transportieren.

Jetzt klingt die brasilianische Volksmusik natürlich auch anders als die deutsche …

Cölln: Klar, die Vorgeschichte ist, dass die hier hunderte von Songs haben, die sie gemeinsam singen können. Das ist bei uns aus Gründen wie der Entnazifizierung natürlich ein bisschen ausradiert worden. Ich habe das Gefühl, dass wir gar nicht zusammen singen könnten, selbst wenn wir wollten. Dadurch, dass meine Musik nonverbal ist, können die Leute ihre eigenen Geschichten dazu spinnen. Ich finde es schön, wenn man ihnen nicht genau vorschreibt, woran sie denken sollen.

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