DIIV über die Vergangenheit und ihre Zukunft mit „Deceiver“
Es spricht für das dritte DIIV-Album, wenn Zachary Cole Smith jetzt bessere Themen weiß als die üblichen Skandalgeschichten. Seine Oma beispielsweise.
DIIV sind misstrauisch. „Wir haben hart gearbeitet, um das neue Album so aufregend hinzubekommen, dass man mit uns nur noch über die Musik sprechen will“, sagt Zachary Cole Smith und lächelt. Doch die Botschaft ist deutlich: Er hat keinen Bock auf Gossip.
Seit DIIV 2012 ihr Debütalbum „Oshin“ veröffentlicht haben, ging es bei der Berichterstattung über die New Yorker Band fast immer nur um die Drogensucht des Sängers und Gitarristen sowie seine zerstörerische Beziehung mit der Sängerin und Schauspielerin Sky Ferreira. Da half es auch nicht, dass der mit drei Jahren Verspätung erschienene Nachfolger „Is the is are“ auf allen maßgeblichen Jahresbestenlisten für das Jahr 2016 stand. „Natürlich bin ich in den Texten aufrichtig und schreibe über die Dinge, die mich umtreiben, doch bei den Interviews ist es dann außer Kontrolle geraten, und manchmal hatte ich das Gefühl, die Gesprächspartner haben nicht mal die Platte gehört, sondern wollten nur ihre Skandalmeldung“, blickt Smith zurück.
Teamarbeit
Von der Aufrichtigkeit weicht der 34-jährige Musiker jedoch nicht ab, und die Texte des neuen Albums „Deceiver“ sind offener als je zuvor. Wenn der seit mehr als zwei Jahren cleane Smith hart mit sich ins Gericht geht und sich zu dem verantwortungslosen und selbstsüchtigen Verhalten seiner Junkiezeit bekennt, ist das vor allem auch eine Grundvoraussetzung für den Neustart der Band, in der sie die Arbeitsabläufe neu geregelt haben. „Während in der Vergangenheit alle Ideen von Cole kamen und wir nur noch leichte Modifikationen vorgenommen haben, haben wir diesmal alle Songs als Band erarbeitet“, sagt Bassist Colin Caulfield, der mit Smith auch gleichberechtigt an den Gesangsmelodien gefeilt hat.
So beschränkt sich Smith auch nicht auf die Selbstanklage, sondern blickt gleichsam auf eine krankmachende Welt, indem er etwa in „Skin Game“ den Sackler-Flügel des Guggenheim Museums erwähnt – so benannt wegen der Spenden jener Unternehmerfamilie, die das stark abhängig machende, opiathaltige Schmerzmittel OxyContin vertreibt. „Einerseits bin ich für mein Handeln selbst verantwortlich und will nichts entschuldigen, andererseits will ich es mir auch nicht nehmen lassen, die Ursachen ausfindig zu machen, die destruktives Verhalten gegenüber sich selbst und anderen auslösen können“, sagt Smith.
Traditionelle Gitarrenmusik by DIIV
Doch ihr drittes Album ist nicht nur ein Riesenschritt für die Band selbst. Auch wenn DIIV die Gitarrenmusik auf „Deceiver“ nicht neu erfinden, zählen sie nach wie vor zu den wenigen Bands, die das Genre aufregend halten. Smith freut sich zwar über das Kompliment, hat aber selbst auch keine Erklärung dafür: „Vielleicht unterscheidet uns von vielen anderen Bands, dass wir selbst skeptisch sind und uns immer wieder die Frage stellen, warum es in diesen Zeiten denn noch ausgerechnet Gitarrenmusik sein muss.“ Spricht man ihn jedoch auf die unwiderstehlichen Melodien von Songs wie „Horsehead“ und vor allem „Blankenship“ an, weiß er ganz genau, wem er für den Wechsel zu einem eher traditionellen Songwritig-Ansatz zu danken hat. „Meine Oma wollte immer, dass ich ihr einen Song auf der Gitarre vorspiele – und ich konnte das ohne das Zusammenspiel mit den anderen und die ganzen Soundschichten einfach nicht.“
Deceiver erscheint am 4. Oktober.
„Strung out to please the King / in Metropolitan’s Sackler wing / I can / help you / it’s how I / help myself / I know you’ve had some struggles lately / You know I’ve had mine too / Fighting to get through the door / But I can’t live like this anymore / They gave us / wings to fly / But then they / took away the sky“, aus: Skin Game.