Dockville 2025 Recap: Drei Highlights des Hamburger Festivals und anderes, das im Kopf bleibt

Das MS Dockville 25 ist in den Büchern – und hat eine ganze Reihe von Geschichten geschrieben. Seien es veränderte Abläufe, über sich hinauswachsende Acts oder weirde Momente, das Dockville hatte 2025 alles.
Ich bin sehr gespannt gewesen, wie sich das Festival gesamtheitlich in diesem Jahr anfühlen würde, denn eine maßgebliche Änderung für die diesjährige Ausgabe des MS Dockville gab es schon im Vorfeld: Statt drei Tagen Festival von Freitag bis Sonntag haben die Veranstalter:innen die große Entscheidung getroffen, das Festival auf Freitag und Samstag zu beschränken und dafür den Sonntag zum Ausklingtag zu küren.
Und auch wenn das anfangs noch für hochgezogene Augenbrauen gesorgt hat, mit etwas Abstand und einem unglaublich entspannenden Sonntag im Rücken lässt sich vorsichtig sagen, dass der Plan aufgegangen ist. Noch immer hat das MS Dockville eine riesige Bandbreite an Acts, noch immer macht dem mit viel Liebe und Hingabe aufgebauten Gelände am Wilhelmsburger Uferpark kaum ein anderes deutsches Festival etwas vor in Sachen Detailverliebtheit. Doch gerade das Dockville ist mit seinem Line Up voller Newcomer:innen, State-of-the-Art-Künstler:innen und internationaler Größen, die recht exklusiv ihren Weg nach Deutschland dafür finden, schon immer prädestiniert dafür gewesen, dass man bei einem derartig vollen Timetable schnell in Gefahr gerät, sich zu übernehmen.
Nun ist alles etwas komprimierter gewesen, doch von Überlastung keine Spur. Stattdessen bleiben lange Stunden, die von in den Bann ziehenden Main Stage-Auftritten über Neuentdeckungen auf den kleinsten versteckten Bühnen bis hin zu treibenden Techno-Afterpartys reichen. Meine drei größten Highlights des MS Dockville 2025:
1. RAYE
Ich bin ganz ehrlich: ich wusste, dass der RAYE Auftritt groß werden würde. Aber dass die Britin eine derart sprachlos zurücklassende Performance liefern würde, damit habe ich dann doch nicht gerechnet. Egal, wen ich später noch nach ihrem Lieblingsauftritt gefragt habe, die Antwort ist immer dieselbe gewesen: RAYE ist nicht nur mir mit Abstand am meisten im Kopf geblieben. Dabei wusste man ja schon, dass sie mit Songs wie „Prada“ oder „Escapism“ für riesige Momente sorgen, doch die Art und Weise wie sie mit Big Band, roten Treppenstufen und einer orchestral-souligen Interpretation ihre Lieder ins Dockville-Gewand gesteckt hat, ist mehr oder weniger magisch gewesen. Dass RAYE dann noch in ihren vielen Ansprachen ans Publikum mühelos den Grat zwischen humorvoll und eindringlich entlang wanderte, hat endgültig dafür gesorgt, dass ein ganzes Festival für 1:10h wie gebannt an ihren Lippen hing.

2. Ceren
So große Namen wie RAYE sind zumeist aber auch Mangelware auf dem Dockville, das sich viel eher auf die spannendsten Newcomer:innen konzentriert. Eine von ihnen ist Ceren gewesen, die den Festivalsamstag früh eingeläutet hat. Mit ihrem Auftritt im Butterland, eine der schönsten der vielen kleinen Bühnen des MS Dockville, hat die Berlinerin schnell ihren Status als Artist-to-watch gefestigt. Eine unverkennbare Mischung aus türkischen, deutschen und englischen Elementen in ihren Texten und Instrumentals, eine ansteckende Fröhlichkeit in der Performance und dazwischen immer wieder Ansagen mit Haltung – bei der jetzt schon gezeigten Performance Cerens ist der up-and-coming-Status vielleicht schneller passé, als man gucken kann. Kein Wunder, dass sie schon Voract bei etablierten Artists wie Paula Hartmann oder BRKN gespielt hat und jetzt ebendiesen Dockville-Auftritt so eindrucksvoll hingelegt hat.

3. Jassin
Nur wenige Minuten später und ein paar hundert Meter weiter ist schließlich ein drittes großes Highlight-Konzert gespielt worden. Auf dem Vorschot, der immerhin zweitgrößten Bühne des gesamten Dockville-Geländes, hat Jassin bereits früh für vielleicht DEN Samstagsauftritt gesorgt. Auch wenn der aus Lutherstadt-Wittenberge kommende junge Rapper erst seit einem Jahr so wirklich offiziell Musik veröffentlicht, der Platz ist randvoll gewesen, und noch wichtiger: Die vielen Menschen sind verdammt textsicher vom ersten bis zum letzten Song gewesen.
Das ist erst recht interessant, wenn dann noch dazu kommt, dass Jassin in seine Sets immer 3-5 unveröffentlichte Songs einbaut – doch bereits jetzt hat der 20-jährige eine so treue Fanbase um sich geschart, dass die Songs schon vor Release sitzen. So entstehen schließlich auch Momente wie bei dem bewegenden „Bitte sei vorsichtig“, einem Song, der lange nur auf Konzerten gespielt wurde, aber mittlerweile offiziell draußen ist – und vom Fleck weg zu seinen größten zählt. Das war mit ziemlicher Sicherheit das letzte Mal, dass Jassin um 17 Uhr spielt.

Auf der anderen Seite: Was war da los?
Doch während noch eine ganze Reihe an weiteren Highlights hier aufgezählt werden könnten, gab es auch einige Momente auf dem Festival, die denkwürdig aus anderen Gründen waren. Kann man den nur fünf Songs spielenden Royel Otis und vor allem ihrem Bassisten nur alles Gute und eine rasche Genesung wünschen, da sich dieser wohl im Vorfeld einen Virus eingefangen hat und sich trotzdem bis zum wörtlich zu nehmenden Umfallen auf die Bühne geschleppt hat, sah das bei Kasi und Antonius schon anders aus. Es dauert genau einen Song, da musste Antonius – der eine Teil des Wellen schlagenden Indiepop-Duos – die Bühne verlassen, weil ihm sein kongenialer Partner im Affekt mit dem Mikrofon einen Zahn ausgeschlagen hat. Keine Absicht natürlich, aber der Rest der Show hatte doch schon einen kleinen Beigeschmack, da es die beiden eigentlich ausschließlich im Doppelpack zu erleben gibt.
Einen doch etwas größeren Beigeschmack hat es gegen Ende des Freitagabends gegeben. Eigentlich sind ROYA ein dänisches Electro-Pop-Duo, die mit gesampleten Vocals und viel tanzbaren Instrumentals für vor allem schöne, treibende Momente sorgen. Doch gegen Ende des Sets stimmte die Band völlig aus dem Nichts nationalsozialistische Parolen an, die nicht hätten deplatzierter sein können. Ein bis dahin fröhlich feierndes Publikum zeigte sich zurecht entsetzt und buhte die Dänen aus, die daraufhin die Bühne verließen und sich sammelten.
Wenig später – der Platz vor der Bühne schon zu 3/4 geleert – kehrten die beiden zurück und entschuldigten sich inständig, sie hätten nicht gewusst, was sie da angestimmt hätten. Wenige Stunden später folgte das Statement von Dockville und Band, die erneut beteuerten, dass keine böse Absicht vorgelegen hätte. Bei den Werten, die das Festival vertritt und dementsprechend auch in seinem Booking walten lassen wird, ist das auch glaubhaft. Ein Kopfschütteln bleibt dennoch.
Aussicht
Trotz allem überwiegen beim Blick zurück in jedem Fall die vielen Momente, die einen das Dockville auch mit zwei statt drei Tagen wie eine endlose Abfolge von Highlights im Kopf behalten lassen. Egal, ob es das Schlendern durch Kunstinstallationen durch Wälder bis hin zum Wasser oder aber magische Momente von großen Namen und solchen, die es noch werden, gewesen sind, das Festival im Herzen Hamburgs hat nichts an seiner Magie eingebüßt. Das werden auch die Veranstalter:innen so wahrgenommen haben, denn schon jetzt gibt es wieder Tickets fürs nächste Jahr – und erneut findet es über zwei Tage hinweg statt. Wenn es wieder so abläuft wie in diesem Jahr (und im Vorfeld Crashkurse gegen uncoole Äußerungen durchgeführt werden), dann kann das MS Dockville auch 2026 nur schön werden.