„Ein halbes Jahr wie ein ganzes Leben“: In der Knochenmühle des Krieges

Die Kriegsdramaserie „Ein halbes Jahr wie ein ganzes Leben“ läuft bei Arte und kann in der Arte-Mediathek gestreamt werden.
Fast 30 Jahre danach: Die schwedische Serie „Ein halbes Jahr wie ein ganzes Leben“ zeigt ein völlig ungeschöntes Bild des 1993 aufkommenden Bürgerkriegs in Bosnien zwischen kroatischen, muslimischen und serbischen Bosniern. Zwischendrin: Blauhelmsoldaten, unerfahren und an internationale Regeln gebunden und gleichzeitig in der Schusslinie. Letzteres ist wörtlich zu verstehen. Die Serie läuft jetzt bei Arte und kann in der Arte-Mediathek gestreamt werden.
Der Sechsteiler „Ein halbes Jahr wie ein ganzes Leben“ beginnt damit, dass die schwedischen Soldaten Strand, Forss, Babic und Kilpinen, die in Bosnien als Blauhemden im Einsatz sind, von serbischen Milizen als Geisel gefangengenommen werden. Dann blendet die Serie zurück: Vor sechs Monaten begann der Einsatz der Vier, die von Edvin Ryding („Young Royals“) , Maxwell Cunningham („Hidden Agenda“), Toni Prince („Hamilton – Undecover in Stockholm“) und Erik Enge („Operation Schwarze Krabbe“) gespielt werden, in Bosnien. Man sieht die Soldaten noch ungebrochen, mancher von ihnen bricht das Gesetz, um Medikamente an die bosnisch-muslimische Zivilbevölkerung weiterzuleiten, die über offizielle Wege nicht mehr versorgt wird. Bei einem anderen wird schnell klar, dass er morphiumsüchtig ist, ob durch eine Verletzung bedingt oder schön länger, wird nicht ganz klar. Dann werden die jungen und noch empathischen Soldaten zunehmend zermürbt. Schon bald kommt der Truppenführer ums Leben, als sie eine Verbindungsstraße freihalten sollen, und Forss als Diplomatenanwärter wird zum neuen Truppenführer ernannt. Den Tiefpunkt der ständig unter Beschuss stehenden Truppe erreichen sie, als sie in einem der Nachbardörfer, das vorher vom kroatischen Verteidungsrat (HVO) angegriffen worden war, in einem Hinterhof einen Berg Leichen entdecken. Hier hatten erst wenige Stunden vorher Exekutionen stattgefunden. Die Serie ist oft explizit in der Darstellung erlittener Gewalt, jedoch auch enorm feinfühlig im Blick auf die bosnisch-muslimischen Opfer, fast könnte man sie schon ein Requiem nennen, die Tonspur vermittelt diesen Gedanken ganz intensiv. Hatten sie es bisher immer nur mit den kroatischen Bosniern und deren Gräueltaten zu tun, so fallen die vier Soldaten plötzlich den serbischen Nationalisten in die Hände, und die Tschetniks nehmen die vier Schweden in Geiselhaft. Nach ihrer Befreiung wird nach den Schuldigen in der Truppe gesucht, die durch ihr Fehlverhalten die Geiselnahme überhaupt erst ermöglicht haben. Nach dem eh schon erlittenen Leid kommt also noch die Bestrafung oder doch zumindest das Prozedere hinzu, das zu einer Bestrafung führen kann. Danach sind sie um einige Lebenserfahrung reicher, aber ob sie die Waffe noch mal in die Hand nehmen wollen?