Fabien Toulmé: Dich hatte ich mir anders vorgestellt …
Ein junger Vater hat ein Problem damit, dass seine Tochter behindert ist. Aber nach einiger Zeit lernt er, das Kind zu lieben, er ist geläutert und erkennt, dass Zuneigung sich nicht an der Anzahl von Chromosomen festmachen lässt … Klingt verlogen? Ist es auch. Der autobiografisch inspirierte Comic „Dich hatte ich mir anders vorgestellt“ von Fabien Toumlé umschifft diese Klippen der wohlmeinenden Betroffenheitsliteratur und setzt auf schmerzhafte Ehrlichkeit: Sein Ich-Erzähler hat ein Problem mit Kindern, die das Down-Syndrom haben, er ist am Boden zerstört, als seine neugeborene Tochter die entsprechende Diagnose bekommt, und er legt seine Haltung bis zum Ende nicht ganz ab. Das ist gnadenlos offen, tut weh, weil man fürchtet, sich in einer entsprechenden Situation womöglich ähnlich zu verhalten. Toumlés sparsamer Strich orientiert sich an den Klassikern des französischen Indiecomics, was die dokumentarische Härte des Erzählten ein klein wenig abmildert, nie aber die Flucht in vordergründige Harmonie ermöglicht. Am Ende hat der Protagonist die Situation akzeptiert, das ist ein Hoffnungsschimmer, eine Lösung ist es aber noch nicht. Es bleibt schwierig.