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Fenne Lily im Interview: Was ist das gute Lieben?

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(Bild: Michael Tyrone Delaney)

Die Singer/Songwriterin Fenne Lily denkt Beziehungen neu – und weiß, warum das Foto einer Kollegin bei Liebeskummer hilft.

Fenne, müsste ich dein neues Album in einem Satz zusammenfassen, würde ich sagen, dass es auf „Big Picture“ um die Angst vor Verbindlichkeiten im Leben geht.

Fenne Lily: Schon, allerdings habe ich durch das Schreiben gelernt, dass ich kein generelles Problem mit Verbindlichkeit habe. Es geht ganz konkret um die Situation, in der ich mich damals befunden habe. Zum ersten Mal habe ich Songs in der Gegenwart geschrieben und Dinge thematisiert, die ich gerade durchlebe. „Lights lighten up“ ist die Bestandsaufnahme einer Beziehung nach fünf Monaten, und der Text hat mir verdeutlicht, dass ich zwar schon gewusst habe, dass es nicht passt – aus Angst vor Veränderung hatte ich aber die Konsequenzen noch nicht gezogen.

Der Song „Half finished“ bietet als Lösung an, Liebe nicht als unendlich, sondern als einen Prozess zu betrachten. Aber schmälert das nicht die Euphorie beim Sich-neu-Verlieben?

Lily: Du gehst doch auch euphorisch ins Kino, obwohl du weißt, dass der Film nur zwei Stunden dauert. (lacht) Ich denke am Anfang einer Liebe ja nicht, dass sie sowieso endet, sondern ich stelle mich darauf ein, dass sie sich verändern wird. Mir kommt oft Leonard Cohen und seine Beziehung zu Marianne Ihlen in den Sinn. Die beiden waren über so lange Zeit ein Paar, obwohl sie komplett eigene Leben geführt und nicht ständig aufeinander gehangen haben.

Auch du plädierst bei Liebeskummer und anderen schwierigen Lebenssituationen dafür, die eigenen Probleme zu verkleinern, indem man sie in Relation zur Natur oder zur Weite des Universums setzt. Aber ich fühle mich nicht getröstet, wenn ich stundenlang aufs Meer starre …

Lily: Ich verstehe nicht, warum Menschen an Gott glauben, aber auf diese Weise nähere ich mich einem religiösen Gefühl an. Wenn wir ehrlich sind, kreisen doch 99 Prozent unserer Gedanken um uns selbst – und es geht darum, diese Zahl zumindest ein wenig zu reduzieren. Wobei ich selten aufs Meer starre, sondern mir eher ein Foto von Patti Smith ansehe: Würde sie sich auch Sorgen um diese Dinge machen, die mich gerade so sehr beschäftigen? Vermutlich – aber sie würde sehr viel cooler mit der Situation umgehen. (lacht) Patti Smith hilft mir dabei, dass ich mit mir selbst wieder Spaß haben kann.

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