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„Fenster ohne Aussicht – Tagebuch aus Tel Aviv“ von Dror Mishani

Buchcover „Fenster ohne Aussicht – Tagebuch aus Tel Aviv“ von Dror Mishani

Mit „Fenster ohne Aussicht“ veröffentlicht Dror Mishani sein Tagebuch: Der israelische Krimiautor fährt Motorrad und liest postkoloniale Klassiker, um das Massaker vom 7. Oktober zu verarbeiten.

„Fenster ohne Aussicht – Tagebuch aus Tel Aviv“ von Dror Mishani ist unsere Buchempfehlung der Woche.

Der Angriff der radikalislamischen Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober auf Israel ist elf Monate her, doch die Auswirkung auf die Kreativen des Landes wird erst jetzt deutlich. Anders als der frühere Geheimdienstoffizier und Schriftsteller Ron Leshem betreibt Dror Mishani mit „Fenster ohne Aussicht“ keine Analyse des genozidalen Massakers. Wie der Untertitel des Buches schon sagt: Es ist ein Tagebuch der Zeit nach dem Massaker. Auch Mishani konnte zunächst nicht wie gewohnt seiner Arbeit nachgehen. Obwohl er – anders als etwa Leshem – keine Toten und Entführten in der Familie zu beklagen hat, saß der Schock über das Massaker tief.

Um sich zu beschäftigen, beginnt er, bei der Ernte mitzuhelfen, und bringt Salatsetzlinge für die nächste Ernte aus, er schreibt wie viele andere Schriftsteller Nachrufe auf ermordete Isrealis, und er nimmt an Demonstrationen gegen den Krieg Israels gegen die Hamas teil. Mishani fährt mit seinem Motorrad kreuz und quer durch Israel bis zum Eukalyptuswäldchen, wo das Musikfestival in einem Blutbad geendet ist. Sensibel beobachtet er die Menschen in ihrer Traumatisierung, schaut aber auch auf die Bettler und Obdachlosen, denen es jetzt noch schlechter geht, dokumentiert die Zerstörungen in Gaza, die verzweifelte Lage der Palästinenser.

Dror Mishani liest Frantz Fanon

Um einzuordnen, liest er die Ilias und Stefan Zweig und – den Psychiater und Vordenker der postkolonialen Lehre Frantz Fanon, über den er gerne in Israel einen Essay veröffentlichen würde. Das aber gäbe sicher einen Aufschrei, war Fanon doch von vielen Linken, die den Angriff der Hamas auf Israel als Befreiungsakt feierten, als Kronzeuge herangezogen worden.

Mit „Fenster ohne Aussicht – Tagebuch aus Tel Aviv“ hat es Dror Mishani auf unsere Liste der besten Bücher im August 2024 geschafft.

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