Festivals 2022: Zurück ans Licht
Nach zwei Jahren Pause kommt endlich wieder ein Festivalsommer auf uns zu. Aber ist wirklich alles wie früher?
Erst die gute Nachricht: Mit etwas Glück hat das eigene Lieblingsfestival die Pandemie überstanden. Wer sich Ankündigungen für die Monate zwischen Juni und September anschaut, sieht viele bekannte Namen aufblitzen. Ob große Institutionen wie Rock am Ring oder Wacken, Elektro- und HipHop-Zusammenkünfte wie Melt oder splash! oder kleinere, aber umso feinere Festivals wie das Golden Leaves in Darmstadt oder Haldern Pop – sie alle kehren 2022 zurück und haben zumeist die für die Vorjahre geplanten Line-ups zumindest teilweise übernommen.
Ein Blick auf die Gästelisten zeigt zwar, dass sich dort tendenziell eher Acts aus Deutschland oder Europa tummeln als aus Übersee, zumindest für den Moment. Aber auch das gilt nicht universell: So kündigt das Doppelfestival Hurricane und Southside mit den Killers, den King Of Leon und Placebo mehrere US-amerikanische Bands an, bei Rock am Ring spielen Green Day und Muse, und das MS Dockville fliegt sogar Tash Sultana aus Australien ein. In den kommenden Monaten werden die Listen hoffentlich noch um einiges internationaler werden.
„Die kommenden Jahre werden eine Herausforderung“
Also alles wieder im Lot? Wenn man hinter die Kulissen schaut, ist die Sache nicht ganz so einfach. „Die Pandemie hat definitiv ihre Krater hinterlassen“, sagt Markus Schulte. Er organisiert seit 2016 das iFAN Musik-Festival in Münster, in diesem Jahr treten dort unter anderem Guano Apes auf. „Alles wird für die Veranstalter teurer, und die Fans haben zudem wahrscheinlich auch weniger Geld für Freizeitvergnügen zur Verfügung. Die Kosten für ein Festival zu senken wird schwierig, den Ticketpreis zu erhöhen ist bei dem Überangebot durch den zweijährigen Konzertstau auch keine Option – und auch nicht unser Anliegen. Die kommenden Jahre werden eine Herausforderung.“ Dabei hat Schulte noch das Glück, hauptberuflich in einer anderen Branche zu arbeiten, das volle Ausmaß der Ausfälle hat er – zumindest finanziell – nicht am eigenen Leib erleben müssen.
Festivals 2022: Die Fans kommen aus dem Winterschlaf
Dafür aber als Fan. „Bei uns selbst stapeln sich ja auch die Konzerttickets in den Schubladen“, sagt Schulte. Umso mehr Verständnis hat er für alle, die es jetzt gar nicht mehr erwarten können. „Die Fans verdienen absolut unsere Bewunderung. Sie sind quasi in den Winterschlaf gefallen und haben geduldig darauf gewartet, dass es wieder losgeht.“ Daher richtet er in diesem Jahr nicht nur das iFAN Festival am 21. Mai aus, sondern am Vortag auch die kostenlose Veranstaltung UP THE iFANS – „als Dank an Agenturen, Bands, Fans und Location für die Geduld und das Verständnis in der Pandemiezeit“. Im September folgt dann das zweitägige Oelde Open Air.
Dankbarkeit dürften auch nicht wenige Fans empfinden, selbst wenn der Eintritt zum Festival ihrer Wahl nicht gratis ist. Immerhin haben so gut wie alle Festivalteams dafür gesorgt, dass für 2020 – und später für 2021 – gekaufte Tickets ihre Gültigkeit behalten haben oder kostenlos umgetauscht werden konnten. Das bringt allerdings ein anderes Problem mit sich, für alle, die sich erst 2022 zum Ticketkauf entschieden haben: Neue Karten sind knapp bemessen, viele Festivals dürften noch schneller ausverkauft sein als ohnehin schon.
Festivas im Jahr 2022: Erweitert und flexibel
Doch auch hier gibt es verschiedene Lösungsansätze. Nicht nur Schulte und sein Team erweitern in diesem Jahr ihr Angebot. Auch das splash! hat schon 2021 entschieden, sich nach dem Ende der Pandemie auf zwei Wochenenden auszudehnen, mit ähnlichem, aber nicht identischen Line-up. Ähnliches haben andere Festivals bereits im letzten Jahr ausprobiert, darunter die Fusion, die sich in drei verkleinerte Veranstaltungen gespalten hat.
Ein solches Manöver wird 2022 hoffentlich nicht mehr nötig sein – garantiert ist das allerdings nicht. Denn Covid-19 existiert immer noch. Zwar haben alle Veranstalter:innen mehr als genug Zeit gehabt, sich ein Hygienekonzept zu überlegen, und generell ist die Branche erzwungenermaßen flexibler geworden. Auch jetzt noch kann ein Anstieg der Infektionszahlen die Festivals zum kurzfristigen Umdenken zwingen, weshalb viele sich mit konkreten Vorgaben vorerst zurückhalten. Klar ist schon jetzt: Auch 2022 ist noch nicht alles gut – aber vieles besser.