Jenseits der Blauen Banane
Mit Frànçois & The Atlas Mountains sucht Frànçois Marry nach der Liebe – und findet eine europäische Stadt, in der er keine Dating-App braucht.
„Unterbewusst wollte ich all den derzeitigen Schwierigkeiten wohl ein positives Europa-Album entgegenstellen“, sagt Frànçois Marry über die mittlerweile siebte Veröffentlichung seines Bandprojekts Frànçois & The Atlas Mountains. Ein bisschen Nostalgie war da unvermeidlich: Das Eröffnungsstück „The Foreigner“ hat er als 18-Jähriger während einer Interrail-Reise geschrieben, Songs wie „Julie“ und „Holly Golightly“ stammen aus seiner Zeit in Bristol, wo der Franzose ab 2003 für sieben Jahre gelebt hat, und von der titelgebenden „Blauen Banane“ hat er in der Schule gehört – eine geografische Theorie aus den 80ern, die den Ballungsraum zwischen Liverpool und Mailand als eine Megaregion beschreibt. „Okay, so positiv ist das nicht, wenn wir an die Gentrifizierungsprozesse der letzten Jahre denken“, gesteht er ein, „doch ich hatte eher die Freiheit des Künstlers im Sinn, durch verschiedene europäische Städte zu reisen und dabei eben doch die jeweiligen Eigenheiten aufzuspüren.“
Frànçois & The Atlas Mountains: Athen ist das neue Berlin
In den Texten von „Banane Bleue“ geht es jedoch um ein universelles Thema: die Liebe. Das ist mal romantisch, wenn etwa die Surferin LeeAnn Curren und ihre Freundin in „LeeAnn & Lucie“ auf derselben Welle reiten oder „Tourne autour“ ein altmodisches Flirtritual beschreibt, aber eben auch ernüchternd, wenn „Coucou“ den Verlust von Nähe thematisiert. „Das Sich-verloren-Fühlen gehört zur Liebe dazu, und ohne jetzt wie ein alter Zausel zu klingen, sind mir Kontrollverlust und Verunsicherung lieber, als mit Dating-Apps immer nur auf Risikovermeidung bedacht zu sein“, rückt der 38-jährige Marry die Dinge zurecht.
Mag schon sein, dass sein Blick in die Vergangenheit ein wenig verklärt ist, doch als er mit seinem Produzenten Jaakko Eino Kalevi für die Aufnahmen der Platte durch Europa gezogen ist, hat er eben doch einen Ort gefunden, der dem alten Ideal entspricht. „Neben Berlin und Paris waren wir auch in Athen – und Jaako ist gleich in der Stadt geblieben und hat seinen Umzug organisiert. Athen hat all das, was Berlin vor zehn oder 15 Jahren für Künstler*innen so anziehend gemacht hat“, schwärmt er. Ist er da nicht frustriert, dass er gerade auf dem Land im Südwesten Frankreichs ein Haus für sich gefunden hat? „Ach was“, bleibt Marry gelassen. „Nur weil ich ein neues Zuhause gefunden habe, werde ich das Reisen ganz sicher nicht sein lassen.“
Banane Bleue ist gerade erschienen.