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Aus der Vogelperspektive: Franz Ferdinand im Interview zu „The human Fear“

Franz Ferdinand_Fiona Torre
(Foto: Fiona Torre)

Den Fallschirmsprung schieben Franz Ferdinand immer wieder auf. Trotzdem haben sie uns einiges über das Leben beizubringen.

Alex, Bob, euer letztes Album war das Best-of „Hits to the Head“. Hat euch das beeinflusst, als ihr jetzt für „The human Fear“ zurück ins Studio gegangen seid?

Alex Kapranos: Zunächst wollte ich das Best-of gar nicht machen, weil ich nicht gerne zurückblicke. Am am Ende war es eine positive Erfahrung: Wir haben ein stärkeres Bewusstsein für unsere Identität gewonnen. Ich bin sicher, das hat auch das neue Album geprägt. Bob und ich haben schon darüber gesprochen. Wir haben verstanden, was Franz Ferdinand gut macht – also lass uns das auch einsetzen, uns nicht dafür schämen, wer wir sind.

Heißt das, ihr zweifelt manchmal an der Franz-Ferdinand-Formel?

Kapranos: Wir selbst nicht unbedingt, aber viele Künstler:innen denken, sie müssten sich neu erfinden oder verstecken, wer sie sind. Ich glaube, das ist ein Fehler. Es ist immer besser, Selbstvertrauen zu haben. Das heißt aber nicht, dass du dich wiederholen musst, du kannst trotzdem etwas Neues machen. Auf „The human Fear“ gibt es Songs, die anders klingen als alles, was wir je gemacht haben. Aber auch sehr klassische Franz-Ferdinand-Songs.

„The human Fear“ von Franz Ferdinand: Out Now!

Einer der eher ungewöhnlichen Songs ist „Tell me I should stay“, der mich sehr an die Beach Boys erinnert hat. War das Absicht?

Kapranos: Ich war lange Zeit besessen von dem verschollenen Beach-Boys-Album „Smile“. Ich liebe die Art, wie Brian Wilson ein Orchester integriert hat. Das haben wir auf diesem Album zum ersten Mal auch probiert. Für mich liegt der Trick darin, es nur sehr sparsam einzusetzen. „Tell me I should stay“ hat etwa die Kesselpauken, aber sie sind einfach Teil des Schlagzeugs. Es ist lustig, dass man dabei direkt an die Beach Boys erinnert wird – ich dachte nämlich immer, dass ihr Song „Wouldn’t it be nice“ auch Pauken hat. Aber es sind gar keine, nur normale Tomtoms, die durch die Aufnahmetechnik so klingen wie Pauken.

Generell dominiert auf dem Album erneut ein sehr sonniger und gutgelaunter Sound. Entscheidet ihr euch bewusst dafür, oder ist das einfach das, was herauskommt?

Kapranos: Ich glaube, dass Musik uns aus der Dunkelheit heben kann. Mir selbst ist das schon so viele Male passiert, und ich hoffe, dass unsere Musik das für andere leisten kann. Es geht dabei nicht um Eskapismus – du tust ja nicht so, als gäbe es die Welt nicht. Du findest nur etwas Besseres in dieser Welt. Meine Lieblingsmusik hat düstere Texte, bringt mich aber trotzdem zum Tanzen.

Diese Diskrepanz ist ja auch im Albumtitel „The human Fear“ angelegt.

Kapranos: Angst zieht sich als Thema durch das Album. Es geht dabei aber nicht darum, ihr nachzugeben, sondern darum, sie zu überwinden. Seine Ängste zu konfrontieren, ist eine der lebensbejahendesten Erfahrungen überhaupt. Verschiedene Songs haben verschiedene Beispiele: etwa die Angst, sich auf eine Beziehung einzulassen, oder die Angst, von anderen verurteilt zu werden.

Habt ihr euch am Anfang eurer Karriere auch dieser Angst stellen müssen?

Bob Hardy: Kunst zu machen, ist immer angsteinflößend, sobald du sie anderen zeigst. Es ist wahrscheinlich einfacher, wenn man Teil einer Band ist, weil wir uns gegenseitig ermutigen. Wenn die anderen eine meiner Ideen gut finden, gibt mir das Selbstvertrauen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es für Solokünstler:innen sein muss.

Macht euch das Überwinden von Angst auch im Privatleben Spaß? Wie steht ihr etwa zu Extremsportarten?

Hardy: Alex hat immer schon davon geredet, dass er unbedingt einen Fallschirmsprung machen will. Also habe ich ihm zum 40. Geburtstag einen geschenkt. Aber er hat ihn nie gemacht. (lacht)

Kapranos: Ich warte nur auf den richtigen Moment, Bob. (lacht)

Hardy: Ich selbst habe absolut kein Verlangen danach, irgendwo runterzuspringen, selbst Skifahren ist mir zu extrem. Ich mag Billiard!

Und wie ist es mit Horrorfilmen?

Hardy: Es sind eher die Klassiker bei mir. Ich mag gute Horrorfilme, aber es gibt aus Hollywood auch viel Müll, der mich einfach nur zu Tode langweilt.

Kapranos: Wenn es zu vorhersehbar oder zu blutig ist, gefällt es mir nicht. Der letzte Horrorfilm, den ich wirklich toll fand, war „Hereditary“, der ist aber auch schon ein paar Jahre alt. Sonst mag ich die Filme aus den 70ern wie „Der Exorzist“ oder „The Texas Chainsaw Massacre“. Auch das Remake von „Suspiria“ hat mir sehr gefallen. Ich mag es, solche Filme mit meiner Frau zu schauen und so zu tun, als hätte ich keine Angst. (lacht)

Beim „Suspiria“-Remake stammt der Soundtrack ja von Thom Yorke. Würdet ihr auch gern mal die Musik zu einem Horrorfilm schreiben?

Kapranos: Das würde ich liebend gern machen! Ich liebe einen guten Tritonus.

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