„Fritz Litzmann, mein Vater und ich“: Immer das Theater!

Regisseur Aljoscha Pause drehte über sich und seinen Vater Rainer Pause einen Dokumentarfilm – in dem die halbe Republik drinsteckt. Der Film „Fritz Litzmann, mein Vater und ich“ läuft jetzt im Kino.
Der Regisseur Aljoscha Pause drehte über sich und seinen Vater Rainer Pause, den Gründer des Bonner Theaters Pantheon, einen bemerkenswerten Dokumentarfilm. Drin ist: Entertainment, Politik, Zeitgeschichte der Bundesrepublik und eine persönliche Auseinandersetzung voller Respekt zwischen Sohn und Vater, die beide nichts unter den Teppich kehren
Seine Trilogie „Homophobie im Fußball“ wurde mehrfach ausgezeichnet, seine Dokumentation „Tom meets Zizou“ über den Fußballspieler Thomas Broich ebenfalls, weitere Filme und Serien heißen „Mesut“, „Being Mario Götze“, „Trainer!“ oder „Inside Borussia Dortmund“, doch mit seinem Dokumentarfilm „Fritz Litzmann, mein Vater und ich“ hat sich Regisseur Aljoscha Pause ein ganz neues Feld erschlossen – seine eigene Biografie. Allerdings rückt er nicht einfach sich, sondern vor allem seinen Vater in den Mittelpunkt und arbeitet sich an seinem äußerst schwierigen Verhältnis zu diesem ab.

Rainer Pause (Künstlername Fritz Litzmann) war in den 1970ern politischer Aktivist in der Maoistischen Szene, fand erst spät zur Bühne, arbeitete mit Rio Reiser bei linken Agitationstheater-Projekten zusammen und gründete in den 1980ern die längst legendäre Kabarettbühne Pantheon in Bonn – dabei vernachlässigte der Workaholic als alleinerziehender Vater seinen Sohn Aljoscha komplett. Dieser geht in seinem Film unter Zuhilfenahme vieler Kabarettisten und Comedians von Gerhard Polt über Helge Schneider bis zu Georg Schramm dem Werdegang seines Vaters nach und mit Hilfe von Jungendfreunden sowie Klassenkameraden wie Bastian Pastewka und Saufkumpanen wie dem Schauspieler Oliver Masucci seinem eigenen Leben auf den Grund. Ein wunderbarer, eindringlicher und extrem kurzweiliger Film.

Das Geschickte an dieser Parallelmontage zweiter Lebensentwürfe – sofern man bei der Kindheit des Regisseurs Aljoscha Pause überhaupt von einem Lebensentwurf sprechen kann – ist ihre Form: Es reichen Assoziationen auf der einen Zeitebene, um mal eben um 30 oder 40 Jahre oder noch weiter in die Vergangenheit oder zurück in die Zukunft zu springen. Zwischendurch spricht Gerhard Polt über die Sucht, auf der Bühne zu stehen, Carolin Kebekus von einer Therapie durch Auftritte, und Bastian Pastewka meint gar, er hätte ohne das ihn prägende Programm des Pantheon-Theaters nie zur Komik und zur Schauspielerei gefunden. Für den Schauspieler Oliver Masucci war stand weniger die Bühne im Pantheon, als vielmehr die langen Klubnächte am Wochenende, die das Pantheon in den 80ern und 90ern zum angesagtesten Schuppen in Bonn machte, im Mittelpunkt der Freizeitgestaltung. Dort soffen er und Aljosche Pause und randalierten hinterher in Bonn, bis die Polizei sie in die Ausnüchterungszelle steckte.

Auf der Zielgeraden des langen und dabei sehr kurzweiligen Films hat man nicht nur einen Abriss der politischen Situation in der Bundesrepublik jener Jahrzehnte im Spiegel von Rainer Pause erhalten, sondern darf auch eine sachte Annäherung von Vater und Sohn beobachen, die im Laufe der Zeit alle Stationen beider Leben wirklich noch einmal abgeschritten sind. Schließlich geht es sogar noch einmal in die Berge – der einzige Urlaub offensichtlich, den Rainer Pause mit Familie genießen konnte –, und gemeinsam sitzt man vor der Glotze und schaut ein Fußballspiel des FC Bayern an, dessen Anhänger Aljoscha Pause ist. Aber was heißt da gemeinsam. Der Sportverweigerer Rainer Pause schaut so verwundert zu, als sähe er zum ersten Mal in seinem Leben ein Fußballspiel. Als sein Sohn in Bonn im Verein spielte, hat er in all den Jahren nur einmal ein Spiel des Juniors besucht. Wer jetzt noch nicht weiß, ob „Fritz Litzmann, mein Vater und ich“ etwas für ihn ist, sollte den Trailer gleich hier anschauen, er fasst hervorragend zusammen, was in diesem abwechslungsreichen Film so alles passiert.