Garry Disher: Kaltes Licht
Es lohnt sich, die Konzentration aufzubringen, um in Garry Dishers komplexen Kleinstadtkrimi den Überblick zu behalten.
Keine vorschnellen Schlüsse ziehen. Alle Optionen offen halten. Die Dinge laufen lassen, oder sich ihnen mal in den Weg stellen. Alan Auhl ist überzeugt, dass Ruhe, Geduld und Querdenken zum Ziel führen. Der pensionierte Kommissar lässt sich nach fünf Jahren im Ruhestand nur zu gern überreden, doch weiter zu machen. Jetzt soll er seine Hartnäckigkeit bei ungelösten Fälle und der Suche nach vermissten Personen einbringen. Im ländlichen Australien in der Nähe von Melbourne ermittelt er zusammen mit der neuen Kollegin Claire in einem Jahrzehnte zurückliegenden Mord. Unter einer Betonplatte wird das Skelett eines erschossenen Jugendlichen gefunden, und die Identität des Toten bleibt lange unklar. Neben der schwierigen Rekonstruktion der damaligen Ereignisse und der langwierigen Zeugensuche beschäftigt Alan gleichzeitig ein anderer Fall, der ihm seit Jahren keine Ruhe lässt: Zwei Ehefrauen eines Arztes sind auf mysteriöse Weise gestorben. Trotz fehlender Beweise ist Alan überzeugt, dass der Arzt ein Mörder ist und auch seine neue Freundin in Gefahr ist. Währenddessen lässt Alan auch in seinem Privatleben ungelöste Fragen zu, denn in seinem „Chateau Auhl“ wohnt er nicht nur weiterhin mit Exfrau und Tochter unter einem Dach, sondern gibt neben diversen anderen Untermietern auch Frauen Zuflucht, die Sicherheit vor ihren Partnern brauchen. In Garry Dishers komplexen Kleinstadtkrimi den Überblick zu behalten, erfordert Konzentration. Doch führt er die verschiedenen Handlungsstränge durch seinen sympathischen Protagonisten elegant zusammen. Dass Gerechtigkeit nicht immer mit Recht im Einklang steht, ist keine neue Erkenntnis. Aber es liest sich liebenswert schräg, wie Alan Auhl seitlich denkt und sich über moralische Normen hinwegsetzt, um Menschen zu retten. nh
Garry Disher Kaltes Licht
Unionsverlag, 2019, 320 S., 22 Euro
Aus d. Engl. v. Peter Torberg