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„Gates of Europe“ von Rome: Nie wieder Krieg

Photo - 14 - ROME - Gates of Europe - Photo Yann Dalscheid
(Bild: Yann Dalscheid)

Selbst Morddrohungen können Jérôme Reuter nicht beirren: Mit seiner Band Rome solidarisiert er sich nun auf Albumlänge mit der Ukraine.

„War Pigs“, „Fortunate Son“, „Sunday Bloody Sunday“: Antikriegslieder zu listen, ist ein Leichtes – doch gilt das auch für Antikriegsalben? Natürlich hat Marvin Gaye mit „What’s going on“ im Jahr 1971 die Chronik eines schwarzen Vietnamveteranen in ein zeitloses Meisterwerk verwandelt, und Radioheads „Hail to the Thief“ (2003) ist eine Reaktion auf George W. Bushs Irakkrieg. Ansonsten sind prominente Kriegsauseinandersetzungen auf Albumlänge aber eher rar gesät. Ein kohärentes Antikriegswerk, das Kriegs-touristischen Tendenzen widersteht, ist nun mal ein Wagnis – eines, das Jérôme Reuter aus Überzeugung eingegangen ist.

Mit seiner Neofolkband Rome hat Reuter „Gates of Europe“ geschrieben – ein Album über das erste ukrainische Kriegsjahr. Und der luxemburgische Singer/Songwriter weiß, etwaige Voyeurismus-Vorwürfe qua Künstlerbiografie zu entkräften: So hat Reuter nicht nur wenige Tage vor der russischen Invasion noch live in der Ukraine gespielt, sondern auch zum Jahrestag des Kriegsbeginns. Sich mit den Unterdrückten zu solidarisieren, ist integraler Bestandteil seiner Kunst: Französischer Widerstand und Freiheitskämpfe im südlichen Afrika sind nur zwei der unzähligen politischen Themen in seiner fast 20-jährigen Karriere.

„Als Künstler muss man natürlich vorsichtig sein, sich nicht selbst zum Meinungsmacher oder Pädagogen zu erheben“, sagt Reuter. So ist „Gates of Europe“ auch mehr Anteilnahme als Analyse geworden: Der Opener fasst das erste Kriegsjahr als Collage medialer Mitschnitte zusammen, „The Ballad of Mariupol“ ist gezupfte Trauerbekundung, und auf „Our Lady of the Legion“ imitieren verzerrte Synthies Luftangriffe, wie es einst die Gitarre von Jimi Hendrix getan hat. Obwohl Marschtrommeln und militaristische Kampfansagen ihren Platz finden, ist Reuter auf friedlicher Mission, beschwört mit behutsamer Inbrunst eines Leonard Cohen paneuropäischen Zusammenhalt und Courage. „Für mich ist das kein ferner Konflikt“, sagt der überzeugte Europäer, der trotz wiederholter Morddrohungen zur Veröffentlichung mit Rome nach Lwiw und Kiew zurückkehrt, um sein Album dort vorzustellen.

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