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Vier gewinnt

Goat Girl
(Foto: Holly Whittaker)

Goat Girl gelten als Postpunkband. Doch diese viel zu enge Zuschreibung wollen sie durchbrechen – mit sehr punkigen Methoden.

„Natürlich war vieles arg romantisiert, was über die sogenannte Postpunkszene von Südlondon geschrieben wurde“, erinnert sich Sängerin und Gitarristin Lottie Pendlebury an die Zeit vor zwei, drei Jahren, als Goat Girl neben Bands wie Shame und Fat White Family zu den Protagonist*innen einer neuen Bewegung gezählt wurden. „Im Kern ging es schon um die Verteidigung eines Freiraums, nur sollte der ja eben auch ganz unterschiedlich besetzt werden können“, spielt sie auf den für die Szene so zentralen Klub The Windmill in Brixton an, wo auch Goat Girl ihre ersten Shows absolviert haben. Es ermutigt sie, dass weder die Gentrifizierung noch der Brexit oder die desaströse Corona-Politik von Boris Johnson für Resignation gesorgt haben und die Bands von damals im Kampf um den heute schwer existenzbedrohten Club noch immer vereint sind. „Die musikalischen Verbindungslinien werden immer blasser, doch braucht es diese Genre-Programmatik auch gar nicht, um der Hilflosigkeit einen Kollektivgedanken entgegenzustellen.“

Goat Girl: „Radikale Zusammenarbeit“

Goat Girl sind auf ihrem zweiten Album kaum wiederzuerkennen: War das Debüt noch von Countrypunk und schrägem Indiefolk geprägt, nutzen sie auf „On all Fours“ auch Elektronik und Keyboards. Vielleicht ist es ja Punk, wenn Songs wie „Sad Cowboy“ oder „Never stays the same“ so unglaublich eingängig sind, obwohl die Vier mit psychedelischen Texturen experimentieren und konsequent gegen konventionelle Songstrukturen anarbeiten. Und ganz sicher ist es politisch, wenn die poetischen und sehr persönlichen Texte von psychischen Problemen, selbstgefälligen Mackern und kryptischen Endzeitszenarien erzählen. Doch geplant war der musikalische Quantensprung nicht.

„Wir haben einfach radikal auf Zusammenarbeit gesetzt und die Dinge in unserem Viererteam ganz offen laufen lassen“, sagt Pendlebury. „Hilfreich war ganz sicher, dass wir öfter mal die Instrumente gewechselt haben: Mit der Gitarre spiele ich routiniert und vermutlich auch berechenbar, aber wenn ich verunsichert am Synthie stehe, versuche ich viel sensibler auf die anderen und den Song zu reagieren.“ Und so sehr Instrumententausch auch nach einer Punkmethode klingt – mit „On all Fours“ sind sie so bei einem der besten Popalben der letzten Monate angekommen.

On all Fours ist gerade erschienen.

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