„Layer Cake – The Versus Project 2“: Grandiose Graffitikunst in Berlin
Das Künstlerduo Layer Cake brach mit dem ehernen Gesetz der Graffiti-Szene – und fand auch noch internationale Mitstreiter! Wir sprachen mit den beiden.
Patrick Hartl, Christian Hundertmark, als ich Ende der 80er Teenager war, hat jeder in meiner Clique Graffiti und Sprayen ausprobiert, es war der heiße Scheiß. Das verebbte dann aber bald zum Taggen mit dem Edding, an Bushalthäuschen und in urbanen Betonwüsten. Wieso wurden Graffiti bei ihnen beiden dann gar zur Kunst?
Patrick Hartl: Graffiti war sozusagen eine Art Initialzündung für meinen weiteren beruflichen Werdegang. Erst dadurch kam ich auf die Idee, auch beruflich eine kreative Karriere einzuschlagen. Durch meine Aufnahme an der Fachoberschule für Gestaltung und meinem späterem Studium an der Fachhochschule für Design kam ich neben meinem jugendlichen Interesse für Graffiti das erste Mal in Berührung mit der Welt von Kunst und Design und war sofort begeistert. Diese Begeisterung hat bis heute nicht nachgelassen.
Christian Hundertmark: Bei mir war es ähnlich wie bei Patrick auch eine Art Initialzündung. Obwohl ich schon immer viel gezeichnet hatte, bekam für mich durch das Eintauchen in die Graffitiszene alles eine gewisse Ernsthaftkeit, da man viel Zeit und Übung investieren musste, um besser zu werden. Der Konkurrenzdruck in der Graffitiszene ist im Vergleich zu anderen Hobbys, die man als Teenager hat, sehr groß. Schlechte Bilder werden gecrosst, man muss sich in die Illegalität begeben, um sich zu behaupten, und es ist ein enormer zeitlicher Aufwand. Da trennt sich die Spreu sehr schnell vom Weizen, sprich, die „Trendsprayer“ hören auch schnell wieder auf, sobald der Weg holprig wird. Um mich weiterzuentwickeln, habe ich sehr viel gezeichnet, wodurch auch schnell klar war, dass mein beruflicher Werdegang wohl in diese Richtung gehen wird.
Das sogenannte Going-over, das Übersprayen eines Graffitis, ist in der Szene eine Kampfansage. In „The Versus Project 2“ machen Sie nun das Going-over zum künstlerischen Prinzip, sogar international. Was war die Idee dahinter?
Hartl und Hundertmark: Die Idee war, die Erfahrung, die wir mit unserer gemeinsamen Arbeit als Künstlerduo gemacht hatten, auf unser „Versus Project“ und die Zusammenarbeit mit dem jeweiligen eingeladenen Gastkünstler zu übertragen: sich aus der eigenen Komfortzone zu begeben und durch die ungewöhnliche Art der Zusammenarbeit neue Horizonte zu beschreiten.
Sie haben dazu zwischen sich und internationalen Künstlerinnen und Künstlern Leinwände hin und her wandern lassen, auf das jede und jeder das Werk der Anderen ergänzen, verändern und erweitern sollte. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden, das ab 10. April bei Urban Nation – Museum for Contemporary Art in Berlin ausgestellt wird?
Hartl: Tatsächlich haben wir die Überwindung unterschätzt, die eine solche fast schon grenzüberschreitende Zusammenarbeit für die meisten Künstler bedeutet. Mehrere der teilnehmenden Künstler haben sich Anfangs sehr schwer mit dieser Art der Zusammenarbeit getan und haben eine lange Zeit gebraucht, sich auf das Projekt und das gemeinsame Bild einzulassen. Mit den finalen Resultaten waren aber Gott sei Dank durchweg alle teilnehmenden Künstler inklusive uns selbst sehr zufrieden, und alle waren froh, an dem Projekt teilgenommen zu haben.
Hundertmark: Zusätzlich ist das Projekt eine persönliche Bereicherung für alle Beteiligten, da wir durch den kommunikativen Austausch neue Freundschaften mit Gleichgesinnten auf der ganzen Welt gemacht haben bzw. diese gefestigt wurden.
Der bekannteste Graffitikünstler ist wohl Banksy, den zwar jedes Museum von Welt ausstellen würde, der dem Kunstbetrieb aber ablehnend gegenübersteht. Ist eine solche Haltung der Herkunft der Graffitikunst aus der Subkultur geschuldet? Und würden sie in der Neuen Nationalgalerie ausstellen, wenn man sie anfragte?
Hartl: Ich weiß nicht, ob man wirklich sagen kann, dass Banksy dem Kunstbetrieb ablehnend gegenübersteht, denn er nimmt ja ganz konkret an diesem Teil. Ich denke, man kann eher sagen, das er den Kunstbetrieb kritisch betrachtet und hinterfragt – was natürlich nicht zuletzt an seinen Wurzeln in einer eher rebellischen Subkultur liegen mag. Es ist natürlich ein nicht von der Hand zu weisendes Phänomen, das zwischen illegal auf der Straße ausgeführten Graffitis und Streetart und entsprechenden Ausstellungen in Galerien und Museen ein Widerspruch besteht, den man diskutieren kann.
Hundertmark: Eine Anfrage der Neuen Nationalgalerie würden wir wahrscheinlich nicht ablehnen. Jede Möglichkeit, unsere Kunst im angemessenen Rahmen einer breiten Öffentlichkeit näherzubringen, werden wir nicht ungenutzt lassen. (lacht)
Interview: Volker Sievert
Layer Cake – The Versus Project 2 läuft vom 10. April bis 31. Juli bei Urban Nation – Museum for Contemporary Art in Berlin, Bülowstr. 97.