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Händchenhalten in Hamburg

Fontaines D.C.
(Foto: Ellius Grace)

Zweite Alben sind schwierig. Doch nach einer verkorksten Deutschlandtour wussten die Dubliner Postpunks von Fontaines D.C., was zu tun ist.

Grian, eure neue Platte klingt nicht wie ein zweites Album, sondern wie ein zweites Debüt.

Grian Chatten: Die Beschreibung gefällt mir. Tatsächlich haben wir versucht, „Dogrel“ komplett aus unserem Gedächtnis zu streichen. Gegen das Debüt anzuspielen und bewusst eine Verweigerungsplatte aufzunehmen finde ich nicht weniger billig als einen öden Abklatsch zu veröffentlichen.

Ausgangspunkt von „A Hero’s Death“ war eine schwere Bandkrise, die durch das endlose Touren ausgelöst wurde.

Chatten: Wir haben uns selbst verloren und konnten uns auch gegenseitig nicht mehr auffangen. Der ständige Schlafmangel, der Verlust des Ortsgefühls und die Fluktuation von Begegnungen haben mich total total misstrauisch gemacht, so dass ich mich abgeschottet und selbst Anerkennung nicht mehr an mich rangelassen habe. Unsere Konzerte in Deutschland zählten zu den Tiefpunkten, und ich weiß noch genau, wie ich nach dem Gig eine halbe Stunde mit unserem Gitarristen Carlos Händchen gehalten habe. So konnten wir vieles sagen, wofür wir keine Worten hatten.

Hat es danach Krisengespräche gegeben?

Chatten: Wir haben über die Musik unsere Nähe wiederhergestellt. Bei „Dogrel“ waren der Alltag in Dublin und dieses Postpunk-Ding unsere Verbindung, jetzt gab es nur die inneren Exilorte, die jeder für sich selbst erschaffen hat. Ich bin sehr stolz auf „A Hero’s Death“, weil die Platte uns als komplexere Persönlichkeiten abbildet und auch Platz für unsere Traurigkeit schafft.

Bist du auch erleichtert, weil du jetzt wohl nicht mehr vor allem als Dublin-Chronist gesehen wirst und dir der Brexit so erspart bleibt?

Chatten: Zu Dublin habe ich momentan nichts zu sagen – und das liegt nicht nur daran, dass ich so wenig Zeit daheim verbracht habe. Soll ich noch mal wiederholen, was schon so viele vor mir gegen den Brexit gesagt haben? Auch damit hätte ich einer Vereinnahmung nachgegeben. Es hat Mut gekostet, aber es war auch sehr befreiend, keine Geschichten mehr zu erzählen und uns selbst in den Fokus zu rücken.

War die Platte denn auch so befreiend, dass ihr jetzt wieder Lust auf Konzerte habt?

Chatten: Ich bin wieder total angefixt, gerade weil wir die neuen Songs ja kurz vorm Lockdown auch schon bei einigen Shows gespielt haben. Gleichzeitig versuche ich mich mit der gegenwärtigen Situation zu arrangieren: Wenn es wirklich noch so lange dauert, bis Konzerte wieder anlaufen, hauen wir vorher eben noch ein drittes Album raus.

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