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Harmonie als Strategie

Auf der Tanzfläche trifft man Ben Böhmer schon seit einigen Jahren. Jetzt empfiehlt sich der 25-jährige Wahlberliner auch für den Sonntagnachmittag nach dem Klubbesuch.Interview: Carsten Schrader

Ben, in der House-Szene ist der „Böhmer Sound“ berüchtigt. Kannst du den beschreiben?

Ben Böhmer: Ich würde sagen, es ist ein sehr harmonischer Sound, der ein bisschen melancholisch, aber auch happy ist. Er ist sehr treibend, funktional für den Dancefloor, eignet sich aber auch für einen Sonntagnachmittag zu Hause.

Deine frühen Veröffentlichungen bei Labels wie Bade und Keller klangen mit prägnanten Klavierlinien und disharmonischen Streichern noch wesentlich düsterer. Der Wechsel zu einem harmonischeren Sound hat auch mit dem tragischen Verlust eines nahen Familienmitglieds zu tun.

Böhmer: Ich bin jemand, der sein Leben durch die Musik filtert und versucht, einen Ausgleich zu schaffen. Auch vor vier oder fünf Jahren hat es schon diesen melodischen Kern gegeben, ich habe immer sehr themenbasierte Musik gemacht und versucht, Emotionen mit Harmonien zu erzeugen. Aber ich habe mich instinktiv dann wohl schon bemüht, mir intensivere Lichtblicke zu erschaffen, um der Musik folgen und die Trauer verarbeiten zu können.

War denn von Anfang an klar, dass du dich nicht auf EPs beschränken und ein Album machen willst?

Böhmer: Unbedingt. Ich sehe mich in erster Linie als Musiker und nicht als klassischer Produzent. Mit einem Album kannst du einfach eine größere Geschichte erzählen, und auch wenn das in Zeiten von Streaming ein bisschen aus der Zeit gefallen ist, hoffe ich, dass es immer noch ein paar Menschen gibt, die sich komplette Alben anhören.

Auf „Breathing“ sind sehr viele Gäste wie Monolink, Jan Blomqvist und Malou vertreten, bei etwa der Hälfte der Tracks gibt es Gesang.

Böhmer: Das hat sich einfach ergeben. Für Nils Hoffmann, Monolink und Jan Blomqvist habe ich Remixe angefertigt, und so ist sehr schnell eine freundschaftliche Basis entstanden. Ich wollte schon lange mit Gesang arbeiten, hatte in der Vergangenheit aber selten diesen klassischen Aufbau mit Text, Strophen und Refrain.

Wirst du mit „Breathing“ auch auf Tour gehen und das Album live umsetzen?

Böhmer: Ich plane Livesets, bei denen ich mit Hilfe von verschiedenen Controllern meine Musik live nachspielen werde. Ich spiele mit einem Synthesizer meine Melodien nach, und ich habe alle Elemente aus meinen Titeln vor mir und kann sie live effektieren und umarrangieren. Manchmal beneide ich da schon DJs, die einfach nur mit einem USB-Stick in den Klub gehen, keinen Soundcheck machen müssen und sich keine Gedanken über Kabel machen.

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