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Der Jaeger und sein Werk: Heino Jaeger mit „Retroperspektive oder wie das heißt“ in Stade

Heine Jaeger: Retroperspektive oder wie man das nennt
Heino Jaeger: Retroperspektive oder wie man das nennt. (Abbildung: Heino Jaeger, o.T., 1974, Privatsammlung Kiel © Museen Stade)

Die Gelegenheit ist selten: Dem Künstler und Komiker Heino Jaeger ist im niedersächsischen Stade eine umfassende Werkschau gewidmet.

Für seine Rollenprosa wurde der gelernte Textilmusterzeichner und Satiriker Heino Jaeger von Schriftstellerinnen und Komikern über Jahrzehnte gerühmt. Loriot beklagte das ewige Geheimtipp-Dasein Jaegers, Eckhard Henscheid kuratierte als begeisterter Anhänger in den Nullerjahren zwei Hörspiel-CDs des 1997 verstorbenen Künstlers, Olli Dittrich trat ungefähr zur gleichen Zeit mit Texten Heino Jaegers auf.

Überhaupt: Der Erfinder von Dittsche schaute sich viel von Jaegers Figurenzeichnung ab. Und Rocko Schamoni veröffentlichte im vergangenen Jahr einen sehr persönlichen Roman über die Hamburger Kulturszene der 1960er und 70er und die Freundschaft zwischen Joska Pintschovius und Heino Jaeger mit dem Titel „Der Jaeger und sein Meister“. Regisseur Gerd Kroske schließlich brachte bereits 2012 den Dokumentarfilm „Heino Jaeger – look before you kuck“ in die Kinos. Sowohl Schamoni (5. 5.) als auch Kroske (19. 5.) werden jetzt im kleinen Städtchen Stade im S-Bahn-Bereich Hamburgs auftreten. Kroske zeigt seinen Film, Schamoni liest aus seinem Roman. Und am 22. 5. Spielt die neue Hoffnung des Punk, die Bremer Band Team Scheiße.

 

Heino Jaeger in Lubberstedt, ca. 1970
Heino Jaeger in Lubberstedt, ca 1970 Foto: Foto: Harold Mueller

Der Anlass für all diese crossmedialen Aktivitäten: In Stade läuft noch bis zum 6. Juni die sehenswerte Ausstellung „Heino Jaeger – Retroperspektive oder wie man das nennt“ auf drei Stockwerken im Kunsthaus. Sie rückt das künstlerische Werk des Multitalents Jaeger ins Zentrum. Dabei fällt auf, dass in Jaegers Gemälden und Zeichnungen die Kindheitstraumata des 1938 Geborenen genauso offen zutage treten wie seine Genialität im Entwerfen von absurd-komischen Szenerien: bei Menschendarstellungen, beim Schaffen von Fantasiewesen zwischen Tier und Mensch, beim genauen Dokumentieren von Zerstörung an Häusern, Industrieanlagen oder ganzen Straßenzügen.

Wo Jaeger vordergründig komisch ist, steckt in jedem Detail schon das Grauen, hat sich der Mensch versteckt, der als Kind Bombennächte in Dresden und Hamburg erleben und nur wenige Jahre später den Freitod des Vaters verarbeiten musste. Die Ausstellung in Stade lässt uns hinter die Fassade des Komikers Heino Jaeger schauen und sein selbstzerstörerisches Verhalten in späteren Jahren ein kleines bisschen verstehen. jw

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