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I Don’t Know How But They Found Me: Mission Konfrontation

IDKHOW2_CreditMANICPROJECT
(Foto: MANICPROJECT)

Mit 19 ist Dallon Weekes alias I Dont Know How But They Found Me als Missionar von Tür zur Tür gezogen. Heute verfolgt ihn der Teufel.

Dallon, dein Solodebüt „Razzmatazz“ wurde oft als 80er-Sound besprochen. Bei „Gloom Division“ hast du dir alle Mühe gegeben, eindeutige Fremdzuschreibungen unmöglich zu machen. Du spielst mit 70er-Glam- und Yachtrock, orchestriertem Soul, Pop und Postpunk.

Dallon Weekes: Die Produktion ist eine Reaktion darauf, wie mein letztes Album wahrgenommen wurde. Obwohl ich in den 80er-Jahren aufgewachsen bin, habe ich wirklich kein Interesse daran, als Revivalist verstanden zu werden. Als ich in meinen frühen Zwanzigern das erste Mal Elvis Costellos „This Year’s Model“ gehört habe, war ich nur so: Was ist das? Dieses „Was ist das?“ ist die perfekte Reaktion auf ein Album. Nach dem dritten Hördurchgang war ich dann verliebt.

Um die Düsternis deines Albums zu erkennen, braucht es mehrere Durchgänge. Dann erst merkt man, dass du dich regelrecht in Ängste, sexuelle Obsession und unsere wohlstandsverwahrloste Welt stürzt.

Weekes: Anders geht es nicht: Wir müssen uns mit der Realität konfrontieren. Ignorieren macht etwas nie besser, und vorwärts ist nun mal unbequem.

Auf „Gloomtown Brats“ stänkerst du gegen eine Welt voller Privilegien. Was kommt, nachdem wir uns alle mit unseren Privilegien konfrontiert haben? Das bloße Bewusstmachen kann ja nicht reichen.

Weekes: Natürlich nicht. Viele nutzen das Zurschaustellen moralischer Werte als eine neue Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu generieren. Dann heißt es: Schaut mich an! Dabei sollte es gar nicht um sie gehen. Aber niemand ist je fertig, wir müssen uns alle sensibilisieren.

Eine düstere Figur, die dich durchs Album begleitet, ist der Teufel. Bist du religiös?

Weekes: Ich war seit Jahren nicht in der Kirche, bin aber sehr religiös aufgewachsen. Allerdings habe ich nie einen Draht zu den Leuten aus der Gemeinde gefunden. Mein Liberalismus hat nicht in diese konservative Welt gepasst. Wahrscheinlich bin ich nicht das beste Beispiel eines gläubigen Menschen, doch Religion war ein wichtiger Bestandteil meiner Identität, als ich jung war – und ist es irgendwie immer noch.

Gibt es Momente aus dieser Zeit, deren Bedeutung dir erst als Erwachsener bewusst geworden ist?

Weekes: Mit 19 war ich Teil einer Missionargruppe. Typen in weißen Hemden, die an Türen klopfen? Das war ich für zwei Jahre. Heute denke ich anders darüber: Menschen zu evangelisieren, ist wie kultureller Kolonialismus. Leute haben Steine und Flaschen nach uns geworfen, unsere Fahrräder kaputtgemacht. Das war schon hart, hat mich aber gut aufs Musikbusiness vorbereitet. (lacht)

In deinen Songs rettest du dich oft mit Humor aus der Dunkelheit.

Weekes: Ich bin kein Comedian, aber manchmal muss das Lächerliche einfach gewinnen. Niemand hat die Antworten auf unsere Existenz. Und sich diesen Umstand bewusst zu machen, lässt einen gelassener an das herangehen, was wir Wirklichkeit nennen. Heute ist es beruhigend zu wissen, dass ich damals beim Türklopfen viel weniger wusste, als ich gedacht hab. I don’t know ist vielleicht die beste Antwort, die wir geben können.

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