Helloween: Überleben in Vollzeit

Mit „Giants & Monsters“ läuten die Hamburger Power-Metaller von Helloween bereits jetzt die dunkle Jahreszeit ein. Dabei blickt Bassist Markus Grosskopf lieber auf die Sonnenseite.
Markus, 15 Gold- und sechs Platin-Awards in 40 Jahren: Mal ehrlich, habt ihr euch manchmal ein Bier an einer Trophäe geöffnet – oder sind die heilig?
Markus Grosskopf: Naja, heilig, was ist schon heilig auf dieser Welt? (lacht) Ist natürlich schön, solche Preise durch bestimmte Verkäufe zu erreichen, aber heilig ist am Ende nur der Gral.
Beim jetzt 18. Studioalbum: Finden sich auf „Giants & Monsters“ geistige oder inoffizielle Nachfolger anderer Songs? Was wurde fortgeschrieben?
Grosskopf: Fortgeschrieben in dem Sinne haben wir die Tradition der etwas längeren Songs: Bei fünf bis sechs Songschreibern ist es eigentlich auch kein Wunder, dass von den 35 Tracks, die da zusammenkommen, einige auch mal neun, zehn, 15 Minuten dauern. Das scheint uns regelrecht zu verfolgen. (lacht) Zum Beispiel „King for a 1,000 Years“ oder vieles auf den Keeper-Alben. Und die Abwechslung: mal lang und episch, mal knackig und heavy, der Progrock, den unser Sänger Andi schreibt – etwa die Single „This is Tokyo“. Das ist, was ich an dieser Band so liebe, wofür wir früh gekämpft haben, obwohl man uns auch schon Metal-Verräter genannt hat. Aber am Ende des Tages ist ein geiler Rocksong nun mal ein geiler Rocksong.
In „This is Tokyo“ geht es auch um das Erdbeben in Kobe 1995. Wie nah wart ihr da dran?
Grosskopf: Den Tag vorher haben wir noch in Japan gespielt, ich war am Strand, habe Fisch gegessen und ein Bierchen getrunken. Und nächstentags war alles im Arsch, sozusagen. Das war ja in der Zeit, bevor es Handys gab, also haben sich unsere Familien auch Sorgen gemacht, weil sie so lange nichts von uns gehört hatten. Erst beim Soundcheck haben wir erfahren, was passiert war, und dass wir besser mal ein Lebenszeichen von uns geben sollten. (lacht) Man könnte sagen, wir haben schon so einiges überlebt. Auch in Helsinki, als wir mal feiern waren und Andi sich auf die Fresse gelegt hat. Danach wollten wir es lieber ruhig angehen lassen, nur um zu hören, dass später so ein Amok-Heini da Leute getötet hat. Ich sage gern, wir sind Fulltime-Survivors.
Deshalb auch das Call-and-Response „Can we live forever?“ – „We can live forever“ in dem Stück „Into the Sun“?
Grosskopf: Auf jeden Fall werden wenige Bands 40 Jahre alt. In der Zeit haben ja schon viele aufgegeben und gesagt: Oh, jetzt wird’s aber schwer, jetzt haben wir keinen Bock mehr, es kommt kein Geld mehr rein. Dann gehen sie 15 Jahre getrennte Wege, machen noch mal fünf und behaupten am Ende, eigentlich seien sie 30 Jahre stark geblieben. Das ist für mich eine Schummelpackung. Wir haben uns mit Helloween ja was aufgebaut, und das wegen einer Flaute oder Stagnation wegzuwerfen, wäre einfach schade. Wir haben stattdessen ins Licht geschaut – into the Sun – und in die Hoffnung.