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It’s a Woman’s World

Nur Songs von Musikerinnen hat die Berliner Jazzsängerin Lisa Bassenge auf ihrem neuen Album gecovert – aus Gründen.Von Verena Reygers

Mangelnde Wandelbarkeit kann Lisa Bassenge niemand vorwerfen: Die Berlinerin ist Teil der Projekte Micatone und Nylon, hat schon mit Stuart Staples, Pee Wee Ellis und sogar dem Literaten Max Goldt gearbeitet und betreibt außerdem eine erfolgreiche Karriere als Solokünstlerin. Selbst dort liebäugelt Bassenge gerne mit der Arbeit anderer – ihr 2018 veröffentlichtes Album „Borrowed and blue“ enthielt fantastisch interpretierte Coverversionen von Bill Withers, Paul Simon, Hank Williams und Townes Van Zandt. Nun setzt die Jazzmusikerin ihre Cover-Leidenschaft fort und widmet sich auf ihrem neuen Album „Mothers“ ausschließlich dem Songmaterial von Musikerinnen. „Die Welt ist voll mit inspirierenden Musikerinnen, die es trotz aller Hindernisse geschafft haben, ihre Ideen in Form zu gießen und damit Millionen von Menschen zu begeistern“, sagt die 45-Jährige über ihre Platte, die sie sehr bewusst den „Müttern der Musik“ gewidmet hat. Und weil Bassenge die Gabe hat, dem Songmaterial von so unterschiedlichen Künstlerinnen wie Billie Holiday, Carole King, Annie Lennox oder Robyn ihren individuellen, vom Jazz gefärbten Anstrich zu verleihen, erweisen sich die Songs so wandelbar wie ihre Interpretin.

Während der Aufnahmen mutierte Bassenge nicht nur zum Hardcorefan von Lady Gaga, sondern zeigt mit der Coverversion von Billie Eilishs „All the good Girls go to Hell“ auch einen guten Riecher hinsichtlich weiblicher Jungstars. „Es war mir wichtig, mit Billie Eilish auch eine sehr junge Frau auf dem ,Mothers’-Album dabei zu haben“, sagt Bassenge, „denn es geht hier nicht um Mütter im herkömmlichen Sinne, sondern um Frauen, die gute Songs geboren haben.“ Eilish bewundert sie für das Selbstbewusstsein, sich nicht den Vorgaben eines Labels zu unterwerfen, sondern ihre Musik zusammen mit ihrem Bruder in Eigenregie zu produzieren und zu veröffentlichen.

„Mothers“ ist nicht bloß eine hörenswerte Zusammenstellung großer Musikerinnen, sondern auch das feministische Anliegen, die Sichtbarkeit weiblicher Errungenschaften zu zeigen. „Dass weniger Frauen Musik machen und dass Frauen weniger sichtbar sind, liegt an der immer noch vorherrschenden strukturellen Diskriminierung von Frauen“, ist Bassenge überzeugt und verweist darauf, dass Frauen in ihrer Kreativität noch immer zu wenig ermutigt werden. Männerbünde dominierten, und Frauen müssten sich nach wie vor stärker durchboxen. Ganz auf Männer will Bassenge trotzdem nicht verzichten: An Klavier und Kontrabass begleiten sie erneut Jacob Karlzon und Andreas Lang. Gemeinsam haben sie ein Album mit eingängiger Jazz-Instrumentierung und einer wichtigen Botschaft geschaffen.

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