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Joe R. Lansdale – Mucho Mojo

Wer in „Mucho Mojo“ einen Haudrauf-Krimi mit lausigen Plot sieht, hat nicht verstanden, warum es Joe R. Lansdale mit seinem Roman ging.

Beim Einzug den Nachbarn gleich mal tüchtig aufs Maul zu hauen, kann durchaus richtig sein. Hap und Leonard zeigen da sofort klare Kante, schließlich haben die Drogenkiddies aus dem Crackhaus nebenan ja auch nichts auf der Veranda von Onkel Chesters Haus verloren. Das hat Leonard gerade geerbt und mit Kumpel Hap will er die Hütte von Maden und Fliegenschiss befreien. Überhaupt hatte Onkel Chester zuletzt wohl nur Pudding im Kopf, denn sonst hätte er ihm wohl kaum einen Umschlag mit Rabattmarken vermacht. Den bekommt Leonard von Anwältin Florida mit dem Hausschlüssel in die Hand gedrückt.

Ein eigenes Haus könnte so schön sein – wenn da nicht dieses Kinderskelett wäre, das sie, in Pornohefte eingewickelt, unter den Dielen finden. Onkel Chester ein mordender Kinderficker? Nee, nicht wahr jetzt! Für die Polizei ein klarer Fall. Hier in Ost-Texas ist man eh für schnelle Antworten auf wenige Fragen. Und dass mal schwarze Jungen verschwinden, oder Kids ein Crackhaus betreiben: Lappalien. Hap und Leonard ermitteln auf eigene Faust, entdecken weitere Skelette, und als Reverend Fitzgerald sie abblitzen lässt, wird ihnen klar, welchen Hinweis Onkel Chester ihnen mit den Rabattmarken gegeben hat …

Gut, als Who-done-it kann der Krimi nicht gerade punkten. Zu überschaubar ist die Zahl der Protagonisten, zu vorhersehbar der Plot. Lansdales Roman ist aber eh mehr als eine Haudrauf-Klamotte mit vier Fäusten gegen ein Halleluja. Hier geht es vielmehr um Freundschaften zwischen den Verlierern einer Gesellschaft, die von Armut, Rassismus und Homophobie geprägt ist. Und wenn der weiße Hetero Hap und der schwarze Schwule Leonard aus dem Teich des Lebens keine großen Fische angeln, sind sie eben auch mit Fischstäbchen glücklich.

Vor allem aber ist da noch die tragische Romanze zwischen Hap und Florida, seiner aus dunkler Schokolade gegossenen Traumfrau. Obwohl Florida nicht auf weiße Stummelschwänze steht, kommt sie bei Hap vorbei – und möchte dann doch mehr, als nur mit ihm den „Weißen Hai“ ansehen. Klar ist aber auch: Sie wird sich nie mit Hap in der Öffentlichkeit zeigen und nur eine Sternschnuppe in seinem Leben bleiben.

Joe R. Lansdale ist nicht nur ein versierter Kampfsportler, der weiß, wie man Prügelszenen schreibt. Er trägt auch den Schwarzgurt im Erzählen traurig-schöner Momente. nh

Joe R. Lansdale
Mucho Mojo
Golkonda Verlag, 2015
268 S., 16,90 Euro

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