John Grant: Platsch!
John Grant ist angepisst. Doch es gibt ein deutsches Wort, mit dem man den US-Songwriter besänftigen kann.
John Grant, dein neues Album dekonstruiert den Amerikanischen Traum. Du setzt mit einer autobiografischen Rückschau ein und kommst am Ende bei sehr harschen Anklagen an, die sich etwa gegen Maskulinität und die Ausbeutung ärmerer Länder richten. Deinen Humor verlierst du aber auch in diesen wütenden Momenten nicht, wenn du mit „Your Portfolio“ etwa aus der Perspektive eines erigierten Schwanzes auf die Wirtschaft blickst.
John Grant: Geld geilt uns auf, da lag die Perspektive ja förmlich auf der Hand. Es ist weder eine neue noch eine besonders originelle Erkenntnis, dass wir unseren Wohlstand immer auf den Rücken anderer erlangt haben. Aber es ist wichtig, dass wir uns das immer wieder vor Augen führen.
Hast du mit „Just so you know“ ein Liebeslied für deine Freunde und die Familie geschrieben, weil es in den meisten deiner Songs ja eher um traurige und düstere Themen geht?
Grant: Vermutlich. Es ist ein Lied für die Zeit nach meinem Tod. Sie sollen sich keine Gedanken machen müssen, ob ich ihre Liebe gespürt habe. Ich finde das sehr entgegenkommend von mir. (lacht)
Wie kommt man auf so eine Idee?
Grant: Meine Mutter ist vor 25 Jahren an Lungenkrebs gestorben. Wir hatten eine komplizierte Beziehung, und nach ihrem Tod habe ich mir Vorwürfe gemacht. Ich habe mich gefragt, ob sie gewusst hat, dass ich sie liebe.
Zwischendurch gönnst du dir auf „Boy from Michigan“ mit leichteren Songs wie „Best in me“ und „Rhetorical Figure“ auch Verschnaufpausen.
Grant: Klar, ich bin ja eben auch ein optimistischer Typ mit Leidenschaft und Neugier. (lacht) „Best of me“ ist witzig, es geht um Schmetterlinge, und mit dem Song will ich das Aufblühen des eigenen Ichs durch Freundschaften feiern. Hinter „Rhetorical Figure“ stand wiederum die Vorstellung von einer Welt, in der der Geist so erotisch betrachtet wird wie der Körper.
Mit welcher Redefigur kann man denn das Herz des Sprachgenies John Grant erobern?
Grant: Mit Onomatopoesie. Ich finde lautmalerische Begriffe besonders gut.
Und welches ist deine liebste Lautmalerei im Deutschen?
Grant: Fuck, es gibt so viele geile. Aber ich glaube, es ist: Platsch! Und es passt ja auch, weil wir übers Aufgeilen gesprochen haben. (lacht)