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Jon Hopkins: Ritual mit Potenzial

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(Foto: Imogene Barron)

Mit einer epischen Heldenreise will uns Jon Hopkins helfen, die eigenen Stärken kennenzulernen. Nur eine Sache ist streng verboten.

Jon, über dein letztes Album „Music for psychedelic Therapy“ hast du gesagt, man solle es am besten mit Kopfhörern und im Dunkeln liegend hören. Gilt das für „Ritual“ auch?

Jon Hopkins: Grundsätzlich schreibt dieses Album seinen Hörer:innen weniger vor. Ich kann also nichts Spezifisches dazu sagen, außer, dass man es von Anfang bis Ende durchhören sollte. Aber ich würde sagen, dass „Ritual“ mehr mit kollektivem Hören zu tun hat, wir haben ja auch Events organisiert, bei denen man es in Gemeinschaft mit anderen erleben kann. Natürlich kannst du es trotzdem im Liegen und mit Kopfhörern hören, allerdings ist es gerade in der Mitte sehr rhythmisch. Bei mir persönlich weckt es den Wunsch, mich zu bewegen. Eine Freundin von mir hat es beim Laufen gehört, und das hat auch super funktioniert.

Das ganze Album ist eine lange Suite, mit einem klaren Spannungsbogen und einem Höhepunkt in der Mitte. Damit hat es auch selbst etwas von einer Reise, oder?

Hopkins: Es ist lustig, am Anfang haben ich und Dan Kijowski, der mit mir an dem Album gearbeitet hat, uns viel darüber unterhalten. Dan war gegen einen klaren Höhepunkt, er hatte die Idee, dass das Album mehr wie ein Fluss sein sollte, ein Treibenlassen ohne klares Ziel. Aber während der Komposition ist mir ein starkes Potenzial für einen Spannungsaufbau aufgefallen, für den Übergang von Verwirrung und Dunkelheit zu Licht und Freude. Das ist strukturell wie bei einem Epos: Es sieht so aus, als würde alles fehlschlagen, aber im letzten Moment geht es doch noch gut.

Bei diesem Aufbau muss es schwierig gewesen sein, Singles aus dem Album zu destillieren.

Hopkins: Aus diesem Grund sind die Singles auch nicht einfach Ausschnitte aus dem Stück, sondern neu zusammengestellt aus verschiedenen Momenten. Eine Analogie wären Filmtrailer. Ich habe sie für Leute gemacht, die es eilig haben – Geschäftsmänner und so. (lacht) Ein Album, das 41 Minuten dauert und am Stück gehört werden muss, ist ja auch sehr einschüchternd. Und es ist mir schon wichtig, viele Menschen zu erreichen. Ich sehe das Album als Teil einer globalen Bewegung von Menschen, die ihre eigenen Stärken erschließen wollen. Es ist zwar zu extrem für ein Wellness-Album, aber das Grundbedürfnis ist dasselbe.

Was hältst du von Geschäftsmännern, die deine Musik oder andere spirituelle Praktiken wie Meditation vor allem dafür nutzen, noch effizienter Geld machen zu können?

Hopkins: Stimmt, in Silicon Valley gibt es Leute, die psychedelische Drogen in kleinen Dosen nehmen, um im Business voranzukommen, wie eine kreative Alternative zu Kaffee. Letztlich ist „Ritual“ allerdings auch nur ein Musikstück, es hat eine begrenzte Wirkung. Ich überlasse die Konsequenzen sich selbst, sobald ein Album draußen ist. Wenn es dir etwas nützen kann, großartig – es sei denn, du nutzt es für das Böse. Aber ich weiß nicht wirklich, wie das gehen soll. (lacht)

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