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Kandace Springs: Indigo

Mit ihrem Debüt hat Kandace Springs als Soulstimme überzeugt – auf „Indigo“ recycelt die 27-Jährige nun, was die Geschichte des Genres hergibt.

Als die US-Amerikanerin vor zwei Jahren mit „Soul Eyes“ beim legendären Label Blue Note debütierte, war sich die Musikkritik angesichts des Talents der jungen Sängerin und Pianistin einig: ein neuer Soulstern am Himmel. Dabei stammt die 27–Jährige aus dem Mekka der Countrymusik, aus Nashville. Trotzdem mischt sie das musikalische Erbe ihrer Heimat mit dem eleganten Jazz der US-Metropolen. Das verblüfft auch deswegen, weil Springs einer Frage folgte, als sie sich an die Arbeit für „Indigo“ machte: Was würde Nina Simone tun, wenn sie die heutige Technologie zur Verfügung hätte? Springs beantwortet diese Frage mit einem bestechenden Mix aus Alt und Neu, Reminiszenz und Zeitgeist. Ohne Blues gäbe es keinen Soul: Klug hat Kandace Springs entschieden, ihrem zweiten Album mehr Blues zu verleihen.

Damit dieses Unterfangen gelingen konnte, holte sich Springs Unterstützung von Drummer und Produzent Karriem Riggins, der nicht zuletzt die beiden Interludes „Indigo Part 1“ und „Indigo Part 2“ mit Genresprüngen bereichert. Aber damit nicht genug: „Piece of Me“ mischt Sade mit softem HipHop-Beat, „Six Eight“ ist meditative Konzentration von Klavier und Schlagwerk, während „Don’t need the real Thing“ einen toughen E-Gitarrenbeat zu integrieren weiß. Und vor allem ist es immer wieder Kandace Springs’ Stimme, die in den diversen Facetten überzeugt. Sie wispert jazzaffin in „Unsophisticated“, entschlossen in „Love sucks“ und reiht sich in die Riege von Sängerinnen wie Anita Baker, Regina Belle oder Toni Braxton ein.

Aus der Reihe zu tanzen, um die Puzzleteile neu und anders zusammenzusetzen, hat Springs schon immer getan. Die Barbiepuppe, die ihre Mutter ihr als Kind geschenkt hat, verstaubte in der Ecke; das Geschenk ihres Vaters besitzt sie noch heute: ein Matchboxauto. Ein freier Geist, dessen Songs trotzdem einem Konzept folgen, nämlich dem, den Sound um Springs’ Stimme und Klavierspiel zu bauen. So ufert „Indigo“ stilistisch an allen Ecken und Enden aus, verleugnet aber nie den Kern des Ganzen: Soul, Blues und Jazz bis zu ihren Anfängen zu verfolgen, um sie dann elegant mit der Gegenwart zu verheiraten.

Verena Reygers

LIVE

20. 11. Berlin

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