Kat Kaufmann: Die Nacht ist laut, der Tag ist finster
Für Gefühligkeiten nimmt sich Kat Kaufmann keine Zeit – und genau deshalb gelingt ihr das bisher überzeugendste Portrait des sensiblen Jetztzeit-Slackers.
Kat Kaufmann ist der neue Star der Berliner Literaturszene: Ihr Debüt „Superposition“ staubte vor zwei Jahren gleich den aspekte-Literaturpreis ab, in Talkshows kann sie es sogar mit Jan Böhmermann aufnehmen, und nichts repräsentiert das hippe Hauptstadtleben besser als ihr Instagram-Account cokodela. Auch in „Die Nacht ist laut, der Tag ist finster“ macht sie ordentlich Tempo und entwirft in dem Ende 2017 spielenden Roman ein Szenario, das auf die Apokalypse zusteuert: Der Kalte Krieg zwischen der Russisch-Asiatischen Union und den AMROP-Staaten eskaliert immer mehr. Doch die 26-jährige Autorin kontrastiert ihren viel in Clubs, Bars und Orten mit guter WLAN-Verbindung spielenden Plot mit einem Antihelden, der mit der Geschwindigkeit und dem ständigen Informationsfluss nicht klarkommt: Dem in der zweiten Person erzählenden Protagonisten Jonas ist sein Studium genauso egal wie Mutter und Freundin – doch als mit Opa Ernst seine einzige wichtige Bezugsperson stirbt, bekommt er durch dessen Nachlass endlich die langersehnte Chance, seinen leiblichen Vater zu finden. „Finde Valerij Butzukin“, lautet die Nachricht des Großvaters, und gemeinsam mit seinen russischen Feierkumpanen Stas und Juri reist Jonas nach Moskau, wo er zum Mörder wird und die erste große Liebe findet. Aber wie verlässlich sind die Informationen des Opas, und ist dem Erzähler Jonas überhaupt zu trauen, oder verstrickt er sich immer mehr in seine Psychose? Vermeintliche Antworten gibt es ganz am Ende, dann, wenn der Roman in die Ich-Perspektive wechselt. cs
Kat Kaufmann Die Nacht ist laut, der Tag ist finster
Tempo, 2017, 272 S., 20 Euro