Wie die Hippies: Keimzeit feiern 30 Jahre „Primeln & Elefanten“

Heute schmunzelt Norbert Leisegang bloß peinlich berührt, denkt er an die 90er-Jahre mit seiner Band Keimzeit. Nun bringen sie ihr Album „Primeln & Elefanten“ aus 1995 neu auf die Bühne.
Norbert, euer Album „Primeln & Elefanten“ feiert 30-jähriges Jubiläum – und das feiert ihr wiederum mit einer ausgiebigen Tour.
Norbert Leisegang: 1995 war für Keimzeit ein sehr interessantes Jahr. Ich hab da Schwarz-Weiß-Bilder vor Augen, wie wir hippiesk in den 90ern durch die Gegend gezogen sind und Konzerte gegeben haben. Schon der Name „Primeln & Elefanten“ ist genauso unbefangen wie diese Zeit.
Und das Unbefangene ist heute weg?
Leisegang: Die Authentizität der Jugend ist jedenfalls nicht zu konservieren. Und wer das versucht, ist auf dem Holzweg. Es sind aber nicht nur gute Songs damals entstanden. Vieles war auch lapidar.
Schämst du dich für diese lapidaren Songs?
Leisegang: (lacht) Schämen nicht, mit der Zeit werden Dinge aber peinlich, ja. Ich muss über solche Stilblüten und Textzeilen dann eher schmunzeln. Für die Tour haben wir das Album extra modifiziert.
Auch die Texte?
Leisegang: Um Gottes willen, nein. Die DNA bleibt bestehen. Wir spielen aber nur zehn der 16 Songs.
Obwohl euer Album mit seinen mitunter südamerikanischen und Klezmer-Einflüssen nicht wirklich repräsentativ für den 90er-Jahre-Sound steht, reiht ihr euch nun doch ein ins 90er/2000er-Revival.
Leisegang: Moden kommen zurück und das ist okay. Was in den 90er-Jahren im Pop passiert ist, finde ich aber bis heute sehr inspirierend. Natürlich wussten wir um trendweisende Bands wie Portishead, wir waren damals aber noch im Hippie-Zeitalter. Unser Sound war Müsli-Pop.
Also eher Kommune und Acid statt Eurodance?
Leisegang: Wir waren alle zwischen 20 und 35 Jahre alt, es gab kaum Verpflichtungen, wir waren geeicht auf Liveshows. Konzerte waren unser Leben. Von Donnerstag bis Montag. Daneben war nicht viel. Und das macht einen sehr frei – und, wie ich finde: sehr exotisch. Zu dem kam der Mauerfall und die daraus resultierende Gesetzesfreiheit.
„Als Musiker ist es auch meine Aufgabe, Gräben mit Schönheit zu überwinden“
Ihr selbst kommt aus der DDR und haltet das insofern hoch, dass ihr nicht nur Berlin und Leipzig abklappert, sondern auch ländlichere Regionen in Ostdeutschland.
Leisegang: Als Musiker ist es auch meine Aufgabe, Gräben mit Schönheit zu überwinden und verbindend im großen Sinne zu sein. Also nicht nur was Ost und West angeht, sondern die Menschen im Allgemeinen.