Kelela: Take me apart
Da ist es also, das Debütalbum, nach dem sich die Musikwelt nun schon seit einigen Jahren sehnt. Wie erwartet liefert Kelelas „Take me apart“ eine herausragende Bestandsaufnahme von zeitgemäßem R’n’B. Aber weist die US-amerikanische Musikerin mit äthiopischen Wurzeln auch darüber hinaus?
Vier Jahre sind seit ihrem ersten Mixtape vergangen: Kelela war mit all den aufregenden Produzenten aus dem Umfeld der Labels Fade To Mind aus Los Angeles und Night Slugs aus London verbandelt, sie ließ sich von ihnen Beats bauen, um sie auf „Cut 4 me“ für sich anzuverwandeln und mit gleichsam persönlichen wie kämpferischen Texten zu veredeln. Zwei Jahre später heizte die Debüt-EP „Hallucinogen“ die Stimmung weiter an, und Gastauftritte bei Solange, Danny Brown und den Gorillaz steigerten die Erwartungen ins Unermessliche. Da ist eine leichte Enttäuschung bei den ersten Durchläufen von „Take me apart“ eigentlich schon vorprogrammiert: Natürlich ist „LMK“ die perfekte Clubsingle, mit „Enough“ wird die 34-jährige Künstlerin jeden Jazzclub erobern, und während „Altadena“ klassische Gospel-Bezüge ins Jetzt transformiert, verarbeiten Stücke wie „Frontline“ oder der Titelsong ganz unterschiedliche Dance- und Soulspielarten, Partysounds und Elektropop zu einer zeitgenössischen Bestandsaufnahme von R’n’B. Was aber ist mit der trotzigen Selbstermächtigung, was mit der Zukunft? Während „Hallucinogen“ vom Scheitern einer Begegnung erzählte, geht es auch auf „Take me apart“ um das immerwährende Aufglühen und Verpuffen von Liebe. Kelelas Texte sind sexy und sehr offen, doch oft wird erst beim genauen Hinhören deutlich, wie sehr sie stets mitreflektiert, was es heißt, eine schwarze, queere Frau zu sein. „Cry and talk about it, baby, but it ain’t no use, I ain’t gonna sit here with your blues“, zieht sie in „Frontline“ ganz selbstbewusst den Schlussstrich unter einer Beziehung, was umso stärker nachwirkt, weil Kelela in ihren Texten auch kein Problem damit hat, sich verletzlich zu zeigen – und auch das als Akt der Selbstermächtigung versteht. Zumal das Grime-Szenario „Blue Light“ in der zweiten Albumhälfte dann eben doch auch mit der Gegenwart bricht. Es folgen zwei Kollaborationen mit dem venezolanischen Ausnahmeproduzenten Arca: Zunächst „Onanon“, mit dem die beiden mal eben einen futuristischen Club etablieren – den Kelela mit dem sich anschließenden Albumhöhepunkt „Turn to Dust“ sogleich in ehrfürchtiges Schweigen versetzt. (cs)