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LA Priest im Interview: Wider die Natur

La Priest by Matilda Hill Jenkins-5
Samuel Eastgate alias LA Priest (Matilda Hill Jenkins)

So unberechenbar Sam Eastgate alias LA Priest auch ist, war Elektronik stets gesetzt. Doch plötzlich schaltet der britische Musiker alle Maschinen aus.

LA Priest über sein neues Album „Fase Luna“

Sam, nachdem du dein letztes Album „Gene“ mit einer selbstgebauten Drum-Maschine aufgenommen hast, bist du plötzlich zu einem weltweit gefragten Experten für den Bau von Drumcomputern geworden.

Samuel Eastgate: Eine Zeit lang war es sehr verführerisch, sich nur noch mit Technik zu beschäftigen. Diese Jobs werden so verdammt gut bezahlt – davon träume ich als Musiker. Und kreative Arbeit kann so schmerzhaft sein: Eine Songidee ist mit vielen emotionalen Hochs und Tiefs verbunden, aber wenn ich an den Maschinen schraube, werde ich von Selbstzweifeln verschont. Erst als Freund:innen mir den Kopf gewaschen haben, bin ich wieder umgeschwenkt. Es ist eindeutig besser, beides zu machen.

Der Nachfolger zu „Gene“ war eigentlich auch als elektronisches Album geplant, oder?

Eastgate: Es gab eine Einladung von einem Studio in Belize, und ich hatte ein neues Gerät gebaut, bei dem eine Sequencer-Maschine mit einem Synthesizer verbunden ist, der Drumsounds kreiert. Ich habe mich also mit einem sehr großen Koffer auf die Reise gemacht, doch wegen der Reisebeschränkungen bin ich am Strand von Puerto Morelos in Mexiko hängengeblieben. Mir ist anfangs gar nicht bewusst gewesen, dass dieser Ort wegen seiner Korallenriffe und auch als spirituelles Zentrum berühmt ist. Aber ich habe dann mit dem Schnorcheln angefangen, und diese atemberaubenden Unterwasserinspirationen haben für mich einfach nach dem Klang einer Gitarre und einem echten Schlagzeug verlangt.

Passen elektronische Musik und Natur nicht zusammen?

Eastgate: Irgendwann will ich das hinbekommen. Viele Musiker:innen arbeiten da ja mit Hall und Effekten – nur will ich eben nicht, dass alles verschwimmt und ich so die Feinheiten verliere. Von Mexiko aus bin ich weiter nach Costa Rica gereist, um die Platte fertig aufzunehmen, und selbst im Dschungel habe ich weiter an meiner Maschine gebaut. Aber sie zu verwenden, hat sich einfach nicht richtig angefühlt.

Einerseits hast du für dich das Paradies gefunden, aber so leicht und unbeschwert „Fase Luna“ auch einsetzt, mehren sich doch die dunklen Untertöne.

Eastgate: Es ist ja leider nicht so, dass du den Schatz findest, und von da an ist dann alles perfekt. Außerdem lässt sich beim Reisen eine gewisse Einsamkeit wohl nie ganz abschütteln. Für ein paar Wochen war ich beim Tauchen glücklich, und ich zehre noch heute von den Erinnerungen. Aber irgendwann war der Peak erreicht, und es gehört zum Wesen von magischen Momenten, dass sie sich nicht endlos wiederholen.

Würdest du diese Begegnungen mit der Unterwasserwelt denn als spirituelle Erfahrung bezeichnen?

Eastgate: Ich habe mich gefühlt, als ob ich nicht existiere. Das erfüllt vermutlich ein wichtiges Kriterium, aber ich kenne mich mit spirituellen Schriften wirklich nicht aus. Mich haben vor Ort auch all die spirituellen Touristen irritiert, die meditiert und einen Chor der Stille gebildet haben. Selbst bei ihren Trommelkreisen habe ich nur einen kollektiven Sound und keinen individuellen Ausdruck rausgehört. Aber genau darum geht es mir: Ich will nach einschneidenden Erlebnissen nicht im Schneidersitz und mit geschlossen Augen rumhocken. Ich will mir diese Erfahrungen anverwandeln – und dabei will ich auch durchaus laut sein.

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