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„Limbo – Gestern waren wir noch Freunde“: Kann die Freundschaft das überstehen?

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Ein unerwartetes Ereignis stellt die Freundschaft der drei Freundinnen Ebba (Rakel Wärmländer, li), Gloria (Louise Peterhoff, Mitte) und My (Sofia Helin) auf die Probe. (Bild: ARD Degeto/Viaplay Group)

In der von wahren Begebenheiten inspirierte Serie gerät die Freundschaft zwischen drei Müttern in eine Krise, als die Söhne gemeinsam einen Unfall haben. Jetzt im Ersten und in der ARD-Mediathek.

Seit Jahren sind Ebba (Rakel Wärmländer), Gloria (Louise Peterhoff) und My (Sofia Helin) beste Freundinnen, so unterschiedlich sie auch sein mögen. An einem Abend treffen sie sich mit ihren jeweiligen Familien bei Ebba zu Hause, doch die drei Söhne im Teenager-Alter brechen noch einmal auf, um mit Freund:innen zu feiern. Nachts werden Ebba und ihr Mann Fredrik (Oscar Töringe) vom Handy aus dem Schlaf geklingelt: Es hat einen Unfall gegeben, ihre Söhne sind im Krankenhaus. So beginnt eine Tortur, die auch einen Keil zwischen die drei Frauen treibt. Denn während Glorias Sohn Sebbe und Mys Stiefsohn Lukas (Linton Calmroth) schon bald entlassen werden können, ist Ebbas Sohn Jakob weit schwerer verletzt. Er liegt im Koma, und es ist unklar, in welchem Zustand er wieder aufwachen wird. So beginnt auch „Limbo – Gestern waren wir noch Freunde“, jetzt in der ARD-Mediathek und heute ab Mitternacht im Ersten.

Wer Lust auf eine vergnügliche Serie für die lauen Sommerabende hat, ist bei der schwedischen Show an der falschen Adresse. Nur am Anfang der ersten Folge gibt es einen kurzen Moment der Unbeschwertheit, nach dem Unfall setzt eine Atmosphäre der Beklemmung ein, die den Rest der sechs Episoden andauert. Natürlich ist die Lage, in der sich Ebba und Fredrik wiederfinden, außerordentlich belastend. Verkompliziert wird sie noch durch die Schuldfrage: Mys Sohn Lukas hat bei dem Unfall am Steuer gesessen, es ist unklar, ob er unter Alkohol- oder gar Drogeneinfluss stand. „Limbo“ nutzt diese Konstellation, um die Untiefen in den Persönlichkeiten der Hauptfiguren aufzuzeigen, die Probleme und Schwächen, die schon vor dem Unfall existiert haben.

Ebba, die perfektionistische Karrierefrau, kann nicht akzeptieren, dass womöglich niemand verantwortlich für den Unfall ist. Sie braucht einen Schuldigen, und Lukas ist der offensichtliche Kandidat. Gloria, die von Sebbes Vater getrennt lebt und stolz auf ihre Unangepasstheit ist, muss feststellen, dass ihr Sohn im Ernstfall nicht das Gefühl hat, sich auf sie verlassen zu können. Und My, die mit Lukas biologischer Mutter Helena (Alexandra Zetterberg Ehn) verheiratet ist und sich bequem in der Rolle der „Bonusmama“ eingerichtet hatte, muss sich fragen, wie sehr sie wirklich Teil der Familie ist. Alle drei Frauen treffen in zentralen Momenten die denkbar schlechteste Entscheidung und müssen mit den Konsequenzen leben.

Hier liegt die größte Stärke der Serie: Sie lässt uns mit den Müttern mitfühlen, versucht aber nicht, sie als tragische Opfer zu verklären. Ein möglicher Grund: Die Geschichte basiert auf wahren Ereignissen, die Hauptdarstellerin und Drehbuch-Coautorin Wärmländer erlebt hat. Teilweise allerdings geht das so weit, dass wir nur kopfschüttelnd zusehen können, während die Figuren eine frustrierende Entscheidung nach der anderen treffen. Als der Streit zwischen den dreien dann endlich eskaliert, hat das auch etwas Kathartisches.

Der Streit ist, wie viele andere Szenen, exzellent gespielt: Alle drei Hauptdarstellerinnen, die auch im echten Leben befreundet sind, gehen völlig in ihren Rollen auf. Immer wieder konzentriert sich die Kamera auf ihre Gesichter, während darin Schmerz, Wut oder Fassungslosigkeit zu sehen sind. Vor allem die erste Folge, in der sie im Krankenhaus auf Informationen warten, zeigt die Ohnmacht dieser Situation und baut eine teilweise schwer erträgliche Spannung auf. Im Laufe der Serie lässt diese düstere Atmosphäre nie wirklich nach, was ein Verdienst des Drehbuchs und der Regie von Sofia Adrian Jupither ist. Sie bewirkt jedoch auch, dass am Ende der letzten Folge ein Gefühl der Erleichterung überwiegt. Vielleicht, weil wir hoffen dürfen, dass doch alles gut ausgehen wird – oder einfach, weil wir endlich den Fernseher ausmachen und uns schöneren Dingen zuwenden können.

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