LP über „Love Lines“: Freie Romantik
Popsänger:in LP ist mit Liedern über Herzschmerz zum Star geworden. Aber auf dem neuen Album „Love Lines“ wird erst mal die Unabhängigkeit gefeiert.
LP, zelebrierst du auf „Love Lines“ deine romantische Seite?
Laura Pergolizzi: Schon, obwohl ich finde, dass viele meiner Alben romantisch sind. Dieses Mal ist die Romantik mit einer gewissen Süße gemischt. Songs wie „Long Goodbye“ oder „Good Time“ haben einen nostalgischen Unterton. Ich bin beim Schreiben gerade aus einem Lange-Beziehungs-Modus rausgekommen, in dem ich eine ganze Weile gewesen war, diesem Konzept der erwünschten – oder eben unerwünschten – Monogamie. Das gehört zu den Sachen, mit denen ich mich auf dem Album auseinandersetze.
Also geht es auch um neu gewonnene Freiheit.
Pergolizzi: Genau! (lacht) Auf eine tolle Art, weil letztlich niemandem weh getan wurde, hoffe ich zumindest – nicht einmal mir selbst. Es steckt eine Ehrlichkeit in den Lyrics und in der Seele des Albums.
Was hat dich bewegt, diese neue Perspektive einzunehmen?
Pergolizzi: Ich glaube, ich bin es einfach leid geworden, am Ende einer Beziehung immer als Bösewicht dazustehen. So etwas möchte ich natürlich nicht sein. Sicher haben wir alle Fehler, aber wenn es sich häuft, muss man etwas dagegen tun. Ich will mich nicht mehr schuldig fühlen, und daher versuche ich, mich von dieser selbstgeschmiedeten Fessel zu befreien – und es auch anderen Menschen leichter zu machen.
Und ist dir das gelungen?
Pergolizzi: Der Lifestyle als reisende:r Musiker:in ist mit einem normalen Leben nur schwer zu vereinbaren. Du musst Leute finden, die damit umgehen können. Darum wohl herrscht bei mir gerade fliegender Wechsel – allerdings nicht nur leere Scheiße. Der Song „Blow“ sagt praktisch: Alles klar, lass uns eine Weile single sein und schauen, ob wir einsam werden. Und ich muss sagen, ich fühle mich weniger einsam als je zuvor! (lacht) Das Album hat definitiv dabei geholfen.
Sich eigenhändig aus so einem Stimmungstief zu befreien, klingt alles andere als einfach …
Pergolizzi: Es ist wohl nicht unbedingt politisch korrekt, zu sagen: Ich brauche keine Therapie. Und das würde ich auch nicht sagen wollen. Was ich wirklich nicht brauche, ist die falsche Therapie. Ich bin alles in allem eine vernünftige Person. Wenn ich einfach den Raum und die Zeit habe, um zu verstehen, wie es mir geht und was passiert, ist das mehr wert als lauwarme Therapie, in der ich jahrelang war. Alle empfehlen mir immer ihre Therapeut:innen, und ich frage nach der Nummer – und dann rufe ich einfach nicht an. Aber irgendwas musste geschehen. Also habe ich ein paar Songs geschrieben, und jetzt fühle ich mich super. (lacht)
Klingt, als wäre das Schreiben für dich die Therapie.
Pergolizzi: Total, weil es mir zeigt, worüber ich eigentlich nachgedacht habe. Auf meinem letzten Album zum Beispiel gab es den Song „Rainbow“, den ich über meine Exfreundin geschrieben habe. Erst, als ich ihn mir richtig angehört habe, habe ich verstanden, dass etwas in meiner Beziehung zu ihr mit meinem Vater zu tun hatte – ich weiß, sehr unsexy. (lacht) Aber den Kontrollzwang, den ich gespürt habe, und meine Angst, nichts kaputtzumachen, die waren bei beiden dieselben. Das habe ich durch das Schreiben realisiert.
Das Album klingt stellenweise sehr sommerlich, fast tropisch. Wolltest du damit auch dieses Gefühl der Freiheit einfangen?
Pergolizzi: Es hat einfach gepasst. Aber wir haben es auch teilweise in der Karibik aufgenommen. Ich habe in den letzten Jahren viel Zeit in Lateinamerika und Mexiko verbracht, das hat sicher auch eine Rolle gespielt.