„In these Times“ von Makaya McCraven: Brotlose Beats?
Auf seinem neuen Album „In these Times“ lässt Jazzdrummer Makaya McCraven komplizierte Rhythmen ganz einfach klingen. Doch sollen wir auf keinen Fall vergessen, dass dahinter harte Arbeit steckt.
Makaya McCraven, an „In these Times“ hast du sieben Jahre lang getüftelt. Was hast du in der Zeit gemacht?
Makaya McCraven: Vor allem habe ich an Rhythmen und Grooves in vielen verschiedenen Taktarten und Metra gearbeitet. Mir war dabei wichtig, dass es keine reine intellektuelle Übung ist, sondern von allen verstanden und gefühlt werden kann. Dazu habe ich auch auf internationale Volksmusik zurückgegriffen, die ungewöhnliche Taktarten verwendet.
War es schwierig, diese Balance zu finden?
McCraven: Ja und nein. Natürlich musste ich mich hinsetzen und an den Stücken arbeiten. Aber oft hat es einfach damit zu tun, von vielen verschiedenen Orten zu lernen. Ich habe mich zum Beispiel mit Musik aus Bulgarien und Ungarn beschäftigt, wo die Leute zu einem 7/8-Takt tanzen, als wäre es ein 4/4-Takt. Oder mit Polyrhythmen aus Ghana, die sehr schwer zu lernen sind, wenn man nicht damit aufgewachsen ist. Für die Drummer von dort sind die ganz simpel. Viele Menschen, die mit solchen Taktarten arbeiten, wollen damit herausfordern. Darum klingt ihre Musik oft ziemlich sperrig. Dabei haben wir alle die Kapazitäten, sie zu genießen – wenn sie auf die richtige Art präsentiert wird.
„Du kannst komplett pleite sein und zugleich Gigs spielen, bei denen du auf Händen getragen wirst.“ Makaya McCraven im Interview zu seinem Album „In these Times“
Hast du den Eindruck, dass man dem Publikum heute mehr zutrauen kann als früher?
McCraven: Auf jeden Fall ist gerade eine super Zeit für Musiker wie mich, viel besser als vor zehn oder 20 Jahren. Nachdem Napster die Musikindustrie mehr oder weniger getötet hat, folgte eine schlechte, frustrierende Periode. Heute ist es wieder besser; ich liebe es, zu sehen, wie erfolgreiche Künstler:innen aus Pop oder HipHop gute Musiker:innen einstellen. Können wird aktuell sehr hoch geschätzt. Zugleich erhalten Leute, die unkonventionelle Instrumentalmusik machen, mehr Anerkennung als früher, etwa bei den Grammys.
Das ist dir wichtig, oder? Du betonst oft, dass Musik letztlich auch ein Job ist, der Geld bringen muss.
McCraven: Vor Jahren bin ich mal mit meiner Band bei einem Festival aufgetreten, vor Tausenden Leuten, mit Catering im Backstage. Aber sobald der Auftritt vorbei war, bin ich zu meinem Auto gestürzt, hab einen Anzug angezogen und bin in die Stadt gedüst, wo ich im fünfzigsten Stock eines Hochhauses bei irgendeinem Geburtstag gespielt habe. Für beide Auftritte gab es am Ende gleich viel Geld. Als Künstler:innen überbrücken wir Klasse mehr als die meisten: Du kannst komplett pleite sein und zugleich Gigs spielen, bei denen du auf Händen getragen wirst. Und nur, weil du auf dem Cover der New York Times warst, verdienst du nicht unbedingt mehr Geld als vorher – manchmal sogar weniger.