„Mariupolis 2“ schockt mit Einblicken in den Ukraine-Krieg
Der litauische Regisseur Mantas Kvedaravičius riskierte für die Dokumentation „Mariupolis 2“ sein Leben, die das ukrainische Mariupol zeigt.
- Der litauische Regisseur Mantas Kvedaravičius reiste Anfang März in die belagerte ukrainische Stadt Mariupol.
- Für seine Dokumentation „Mariupolis 2“ nahm er das Leben in der Stadt auf, die noch immer durch den russischen Angriffskrieg zerstört wird.
- Kvedaravičius wurde bei seiner Ausreise mutmaßlich von russischen Soldaten getötet.
- Seine Verlobte rettete sein Videomaterial und zeigte den Dokumentarfilm auf den Filmfestspielen in Cannes 2022.
Seit dem 24. Februar 2022 steht die ukrainische Hafenstadt Mariupol unter der Belagerung russischer Truppen, noch immer wird gekämpft. Trotzdem verharren einige Zivilist:innen in der zerstörten Stadt. Ein Anlass für den litauischen Regisseur Mantas Kvedaravičius gemeinsam mit seiner Verlobten Hanna Bilobrova vor Ort den Schrecken des Krieges und den Alltag der Menschen einzufangen. Bei seiner Rückreise im April konnte Kvedaravičius dem Krieg jedoch nicht entkommen und wurde erschossen.
„Mariupolis 2“: erste Ausschnitte öffentlich
In der Ferne ertönen Schüsse und Explosionen. Plötzlich ist eine nahe Explosion zu hören, kurz darauf eilt ein Mann durch die Tür. Ein anderer folgt ihm und zeigt einen Granatsplitter in die Kamera. Er hält ihn immer nur kurz in einer Hand und lässt ihn dann in die andere fallen – der Splitter ist so frisch, dass er noch heiß ist. Dabei erzählt er, der Splitter wäre neben ihm gelandet: „Das ist kein Spaß. Das ist der Tod.“
Auf YouTube wurden kürzlich einige Ausschnitte aus der Doku veröffentlicht. So fing Regisseur Kvedaravičius in den Videos den Alltag der Menschen ein: Den Keller einer ehemaligen Kirche dient denen, die geblieben sind, als Schutzraum, Zufluchtsstätte und Gebetsort. Ein anderer Clip zeigt Menschen, die auf der Straße und in den Trümmern nach Kostbarem suchen – sprich nach allem, was ihr Überleben sichern könnte. Trotz der Nüchternheit der Videos, berühren die Bilder.
„Keiner der Bewohner fürchtete den Tod, selbst als er da war. […] Menschen unterstützten einander unter Lebensgefahr. […] Es war der Himmel in der Hölle“, heißt es in den Produktionsnotizen. Der Film an sich bietet hingegen wenig Einordnung. Stilistisch ist „Mariupolis 2“ weniger ein Dokumentarfilm, als eine Aneinanderreihung von Eindrücken aus Mariupol. Trotzdem ist seine Bildgewalt mehr als genug, um die Gäste vom Cannes-Festival mitzureißen und nachdenklich zu stimmen.
Auch, wenn Kvedaravičius den Film selbst nun nicht mehr sehen kann, sein Vermächtnis bleibt einer der ausführlichsten Einblicke in den aktuellen Krieg.