Max Richters „In a Landscape“: Richter und Denker
Mit seinem neuen Album knüpft Max Richter an seine legendären „Blue Notebooks“ an – und bekräftigt seinen Status als Star der Neoklassik.
In der Welt der Neoklassik, die beileibe nicht nur Fans hat, nimmt Max Richter eine Sonderstellung ein. Nicht nur ist der britische Komponist einer der erfolgreichsten des Genres, er ist auch alles andere als seicht oder beliebig. Auch ohne Worte hat seine Musik immer etwas zu sagen, alle seine Werke werden durch Konzepte gestützt – „The blue Notebooks“ aus dem Jahr 2004 etwa war ein Protestalbum gegen den Irakkrieg. Nun veröffentlicht Richter mit „In a Landscape“ sein neuntes Album, das in mehrfacher Hinsicht an „The blue Notebooks“ anschließt – und gleichzeitig einen Abschluss bedeutet. Aber genau so, wie das frühere Werk nicht Richters erstes Album war, sondern nur das, mit dem er den endgültigen Durchbruch geschafft hat, so ist „In a Landscape“ keinesfalls als sein letztes Album gedacht. Und dennoch markieren beide Alben Anfang und Ende einer kreativen Schaffensphase des Musikers.
„Für mich will die Musik dieses Albums Polaritäten miteinander verbinden oder aussöhnen. Die elektronischen Instrumente mit den akustischen, die natürliche Welt mit der menschlichen, und die großen Lebensentwürfe mit dem ganz Persönlichen und Intimen“, sagt Richter – ein Vorhaben, das er schon bei „The blue Notebooks“ hatte. „Man könnte sagen, dieses Album ist ein neuer Blick auf die Themen des früheren Werks, jedoch aus der Perspektive unserer heutigen Welt und Lebensrealität im Jahr 2024.“
Und so bietet „In a Landscape“ mehr von dem, was Richters Fans so lieben: eine minimalistische musikalische Sprache, Engelsgeduld und Ernsthaftigkeit, verbunden mit einem Ohr für Melodien. Mal nutzt er dafür getragene Streicher („And some will fall“), mal nur das Klavier („Andante“), mal spielt subtile Elektronik mit hinein („Only silent Words“). Zwischen den Stücken präsentiert Richter neun „Life Studies“: kurze Field Recordings, aufgenommen im Alltag und in der Natur – womöglich auch auf dem ländlichen Anwesen, auf dem er mit seiner Frau Yulia Mahr das Studio Richter Mahr gegründet und „In a Landscape“ aufgenommen hat. Zum Glück hat sich Max Richter nicht dort verschanzt, im Gegenteil: 2024 und 2025 geht er auf seine erste Welttournee.